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Familienführung
„Ich bin genauso bekennender Buddhist wie bekennender Tolteke, bekennender Hindu oder sogar Katholik. Ich bin nicht Mitglied in einem Klub, sondern in vielen Klubs,“ so der oft der „minimal music“ zugerechnete Komponist Philip Glass 2017 in einem Interview. Geboren in eine jüdische Familie und aufgewachsen als Atheist, ist der damals 80-Jährige damit bei einer Einstellung großer spiritueller Offenheit angekommen. Fasziniert hat ihn unter anderem der hinduistische Mystiker Sri Ramakrishna, über dessen zum Tode führende schwere Krankheit und Transzendenz physischen Leids er 2006 das Oratorium „The Passion of Ramakrishna“ schrieb.
Aber wer war eigentlich Sri Ramakrishna? 1836 im ländlichen Bengalen geboren, trat er als junger Mann in den Tempeldienst der göttlichen Mutter Kali in einem Dorf nahe Kalkutta. Dort blieb er Zeit seines Lebens als einfacher Priester, obwohl seine Visionen hinduistischen Gelehrten derart außergewöhnlich erschienen, dass sie ihn zum Heiligen erklärten. Der spirituelle Autodidakt beindruckte sie durch seine tiefe Einsicht in gelehrte Schriften und seine mühelosen Antworten auf ihre herausfordernden Fragen. Später stellte Ramakrishna die „prinzipielle Gleichheit der Religionen“ fest: Sie würden bloß auf unterschiedlichen Wegen zum absoluten Bewusstsein führen. Sein geistiger und kultureller Einfluss blieb über seinen Tod 1886 hinaus sehr bedeutend. Dass Indien ohne den Funken, der von Ramakrishnas Brillanz ausging, auf der Weltbühne aufgetaucht wäre, sei schwer vorstellbar, schrieb Philip Glass zu seinem Oratorium.
In Glass' Werk, das Leiden, Tod und Verklärung Ramakrishnas schildert, übernimmt der Chor die Stimme des Mystikers. Seine Frau Sarada Devi, sein vertrauter Schüler und Chronist M., aus dessen Feder der stark gekürzt zu Grunde liegende Text „The Gospel of Sri Ramakrishna“ stammt, sowie sein behandelnder Arzt Dr. Sarkar und zwei weitere Schüler sind mit Solorollen besetzt.