15.00 Uhr
Expeditionskonzert mit Joana Mallwitz
„Folkloristisch sollte Antonín Dvořáks Neunte Sinfonie klingen. Schließlich war der Komponist zwecks Schaffung einer typisch ‚amerikanischen‘ Nationalmusik zum Direktor des New Yorker National Conservatory of Music berufen worden, schreibt unser Programmheftautor Harald Hodeige. „Dvořák erforschte die musikalischen Wurzeln des neuen Kontinents – die afroamerikanische und indigene Folklore ebenso wie die traditionellen Lieder eingewanderter Iren und Schotten.“
Die ersten drei Sätze entstanden im Januar 1893. Dvořák notierte dazu: „Der zweite Satz ist eine Art Adagio, das sich jedoch von der klassischen Form dieses Gebildes unterscheidet. Es ist in Wirklichkeit eine Studie oder eine Skizze zu einer längeren Komposition, entweder zu einer Kantate oder Oper, die ich nach Longfellows ‚Hiawatha‘ schreiben möchte… Das Scherzo meiner Sinfonie wurde von der Szene des indianischen Festes in Hiawatha inspiriert, in der die Native Americans singen und tanzen. Ich wollte damit ‚indianischen‘ nationalen Charakter mit musikalischen Mitteln zum Ausdruck bringen.“ Das Finale, das einen rauschenden amerikanischen Frühling und Sommer verheißt, vollendete er im April.
Die berühmteste Melodie seiner Sinfonie in deren zweitem Satz hat der Komponist dem verhangen-melancholisch tönenden Englischhorn anvertraut. Getragen und mit großer Gelassenheit lädt es ein, sich die Weite der unberührten amerikanischen Prärie vorzustellen. Die dabei eingesetzte Pentatonik ist jedoch nicht nur ein Merkmal amerikanischer, sondern auch slawischer Volksmusik. Berührt hat diese musikalische Verbindung von Alter und Neuer Welt seitdem auf jeden Fall zahllose Menschen dies- und jenseits des Atlantiks – und überall sonst, wo das Werk seit seiner Uraufführung 1893 gespielt und geliebt wird.