Our People

von Renske Steen 12. November 2024

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Inhalt

FREDDIE BALLENTINE  Tenor
KUNAL LAHIRY  Idee, Konzept und Klavier
GERMAN MOTHER MANDHLA LAVEAUX  Master of Ceremony
GERMAN MOTHER GINA ANGELS  Voguing
GERMAN GODMOTHER XENIA LOUBOUTIN   Voguing
GERMAN PRINCESS JOANA JUICY-COUTURE  Voguing
SHAYNE ANGELS  Voguing
ZIMA LAVEAUX  Voguing
LUCILLA SCHMIDINGER  Dramaturgie

 

I. Shut me out
Traditional spiritual

„Sometimes I Feel Like a Motherless Child”

Aaron Copland (1900 – 1990)
„Nature, the Gentlest Mother“ aus „Twelve Poems of Emily Dickinson“ für Singstimme und Klavier

William Bolcom (*1938)
„George“ aus „Twelve Poems of Emily Dickinson“ für Singstimme und Klavier

Aaron Copland (1900 – 1990)
„Why do they shut me out of heaven?“ aus „Twelve Poems of Emily Dickinson“ für Singstimme und Klavier

Franz Schubert (1797 – 1828)
„Memnon“ D 541 für Singstimme und Klavier

Margaret Bonds (1913 – 1976)
„Minstrel Man“ aus „Three Dream Portraits“

Traditional gospel
„Lord I Just Can't Keep From Crying“, für Singstimme und Klavier arrangiert von Margaret Bonds


II. Going up in smoke
David Krakauer (*1956)
„The 80's Miracle Diet“ für Singstimme und Klavier

Ricky Ian Gordon (*1956)
„I Never Knew“ für Singstimme und Klavier

Abel Meeropol aka Lewis Allan (1903 – 1986)
„Strange Fruit“, für Singstimme und Klavier arrangiert von Pablo Campos

III. Requiem
Earl Wild (1915 – 2010)
„The Man I Love“ aus „Virtuoso Etudes“ nach George Gershwin für Klavier

John Musto (*1954)
„Litany“ aus „Shadow of the Blues“ für Singstimme und Klavier

Henry Purcell (1659 – 1695)
„When I am laid in Earth“ aus „Dido und Aeneas“


IV. So Loud, So Proud
Ricky Ian Gordon (*1956)
„My People“ aus „Genius Child“ für Singstimme und Klavier

Sergej Rachmaninow (1873 – 1943)
„Spring Waters“ op. 14/11 für Singstimme und Klavier

Nina Simone (1933– 2003)
„Backlash Blues“, arrangiert für Singstimme und Klavier von Pablo Campos

Zach Redler (*1985)
„Mr. Brown“ für Singstimme und Klavier

Festivalgruß

„Alles Mögliche kann hier nun stattfinden, kein Stein des klassischen Konzerts bleibt auf dem anderen,“ fasste die Berliner Zeitung begeistert die Idee unseres Festivals vor zwei Jahren zusammen.
 
Auch in der zweiten Ausgabe von „Aus den Fugen“ bleiben wir diesem mutigen Ansatz treu: Erneut verwandeln wir Impulse aus dem Weltgeschehen in künstlerische Ideen. Zwei Wochen lang schaffen wir alternative Konzertformate, geben zu Unrecht ungehörten Werken einen Platz auf der Bühne und holen häufig ausgeschlossene Akteure in die Mitte des Geschehens.
Gemeinsam mit starken Künstler*innen, die unsere Neugier auf unbekanntes Terrain teilen, setzen wir die aus den Fugen geratenen Teile neu zusammen und eröffnen damit frische Handlungsspielräume für das klassische Konzert.
 
Raum entsteht dabei auch für Nachdenklichkeit: Wie können wir wieder festen Boden unter den Füßen finden, wenn um uns herum so vieles ins Wanken gerät? Wie gelingt es, den Glauben an die Menschlichkeit zu bewahren angesichts der zahlreichen Konflikte, Fronten und Kriege? Vielleicht durch die Kraft der Musik als Mittel der Resilienz, durch den Willen, voneinander zu lernen und im Dialog zu bleiben – und nicht zuletzt durch die Gemeinschaft, die ein intensiv gestaltetes Festival stiften kann.
 
Dazu laden wir Sie herzlich ins Konzerthaus Berlin ein!


Sebastian Nordmann
Intendant                 

Dorothee Kalbhenn
Programmdirektorin

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Das Konzert im Werner-Otto-Saal beginnt in wenigen Augenblicken. Hoffentlich hält jetzt niemand diesen Programmzettel in der Hand, sondern blickt vielmehr voller Erwartungen in Richtung Bühne, in Richtung Laufsteg. Kunal und Freddie, was glaubt ihr, wer jetzt gerade auf den bunten WOS-Stühlen sitzt und sich auf euren Auftritt freut?

Kunal:
Dieser Abend ist ganz klar ein Liebesbrief an die Queere Ballroom/Voguing Community, aber gleichzeitig soll das auf keinen Fall ein exklusiver Space sein. Wir haben uns so viele Gedanken gemacht, damit niemand ausgeschlossen wird, auch nicht das klassische Publikum.

Freddie:
Eigentlich haben wir schon in erster Linie an die gedacht, die wie wir sind: Queere, Braune oder Schwarze Menschen. Ich kenne dieses Gefühl viel zu gut, sich fehl am Platz zu fühlen. Wenn ich als Zuhörer in der Oper sitze, sagen die Leute zu mir: „Oh mein Gott, ist das dein erster Opernbesuch?“ Der einzige Schwarze Mensch im Publikum zu sein, fühlt sich wie ein Vergehen an.

Kunal:
Es ist nervenaufreibend, wenn man wie wir im Klassik-Kontext potenziell Menschen provoziert. Es ist nicht meine Absicht, zu provozieren oder jemanden in Verlegenheit zu bringen, auch oder gerade wenn diese Person mit etwas Unbekanntem oder Schwierigem konfrontiert wird. Deshalb haben wir das Programm und das Drumherum so gestaltet, dass es wirklich für jede*n geeignet ist.

Und für jede*n bedeutet, dass wir unser Zielpublikum auf ein queeres BIPoC-Publikum verlagern mussten. Indem wir in unserem Konzert thematisches Material in den Mittelpunkt stellen, das eine Vielzahl von Menschen anspricht, schaffen wir Raum für ein neues Publikum und bleiben gleichzeitig für das traditionelle Publikum der klassischen Musik zugänglich. Beide Seiten können so etwas Vertrautes und Unbekanntes erleben. Ich glaube, das ist die wichtigste Erkenntnis überhaupt bei diesem Projekt.

Freddie:
Ja! Und es ist definitiv nicht ausgrenzend. Was würde es auch bringen, wenn wir im Klassik-Bereich einen Raum schaffen, der exklusiv für eine bestimmte Art von Menschen ist. Ich denke, das ist eine der schönen Seiten von Musik. Es ist eines der schönen Dinge an der Kunst. Jede*r sollte und kann daran beteiligt sein. Viele wissen nur nicht, dass sie das dürfen – oder wie sie es anstellen sollen.

Kunal:
Unsere Mission ist es, einen Raum zu schaffen, in dem sich jede Gemeinschaft ausdrücken kann, in dem sie Platz hat und sich so sicher fühlt, dass wir gar nicht mehr darüber diskutieren müssen, ob Queerness in einem Programm vertreten ist oder nicht. Aber vermutlich sollten wir vorher schon noch darüber reden, wie wir noch mehr queere, inklusive Räume innerhalb der traditionellen klassischen Strukturen öffnen können.

Kunal Lahiry

In der klassischen Musik gibt es traditionell eine Kluft zwischen Publikum und Musiker*innen. Die einen musizieren für die anderen, die dank ihrer Bildung und finanziellen Mittel in der Lage sind, dem Konzert beizuwohnen. Es gibt eine gewisse Erwartungshaltung und eine Ungleichheit. Im Ballroom ist das ganz anders. Auch wenn es sich um einen Wettbewerb handelt und der Konkurrenzgedanke manchmal auch provokativ ausgelebt wird, wird jede Darbietung gefeiert, unterstützt und akzeptiert. Es gibt eigentlich keinen Unterschied zwischen Künstler*innen und Publikum. Beeinflusst diese andere Umgebung Euch als Künstler?

Kunal:
Ich glaube, es hat uns beide sehr stark beeinflusst. Meine Liebe zur klassischen Musik hat ihren Ursprung nicht in einer Familientradition oder einer elitären Erziehung. Sie kam durch Lehrer*innen, die mich mit klassischer Musik in Berührung brachten und mit mir über darüber sprachen. Und ich fand vieles, was mich wirklich begeisterte, aber die Sache an sich, klassische Musik, blieb für mich trotzdem irgendwie abstrakt und nebulös.

Freddie:
In der Oper fühle ich mich tatsächlich auch ein wenig unfrei. Manchmal habe ich das Gefühl, dass ich in ein Kostüm gezwängt werde, das der Regisseur, der Dirigent, der Komponist entworfen hat. Es gibt so viele Menschen, die mir Grenzen setzen, wenn ich auf der Bühne stehe. Ich bin eine laute, lebensfrohe Person, und das muss ich auf einer Opernbühne zügeln. Im Ballroom empfinde ich das nicht so. Im Ballroom darf und muss man sein größtes, stolzestes Ich sein.

Kunal:
Eigentlich geht’s um Code-Switching. Ich hatte immer das Gefühl, meine queere Seite amputieren zu müssen, um klassisch genug zu sein. Ich spüre einen enormen Unterschied in der Qualität und im Niveau meiner Performance, je nachdem, ob ich für ein queeres Publikum, ein junges Publikum oder ein BIPoC Publikum auftrete. Sie merken, wenn etwas nicht authentisch ist. Sie spüren, wenn es nicht von mir kommt, wenn ich nicht integer bin. Ihnen ist es egal, ob ich eine Note nicht richtig treffe, oder ob ich zu viel Pedal benutze, ob das Stakkato zu gebunden ist. Es interessiert sie nicht, welche Technik ich verwende. Es geht ihnen um die Wirkung. Wenn ich mich also darauf konzentriere, kann ich tatsächlich besser spielen. Ich spiele mehr richtige Noten, ich spiele mit besserer Artikulation und besserem Pedaleinsatz.

Freddie:
Ja, genau! Denn dein Fokus ist ein anderer. Es geht nicht um Perfektion, sondern um die Emotionen in dieser Umgebung. Und ich glaube, ein großer Unterschied zwischen den beiden Gemeinschaften ist auch die Interaktion. Im Ballroom geht es um die Familie, und die Familie unterstützt sich gegenseitig. Es ist interaktiv. Du kannst fühlen, wie das Publikum auf deinen Gesang reagiert. Man kann sie hören und sehen. Und wir sagen es ja auch zu Beginn dieses Programms: Wenn ihr euch danach fühlt, laut zu sein, zu klatschen, zu schreien, was auch immer – do it, girl, do it!

Kunal:
Wir haben so viel darüber nachgedacht, wie viel das Publikum ertragen kann, wohin wir es führen können, wo wir Grenzen respektieren sollten, und mit welchem Gefühl die Leute das Konzert verlassen sollen. Und am Ende wollen wir, dass sie Freude empfinden und sich verbunden fühlen.

Frederick Ballentine
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Freddie Ballentine

Der Tenor Frederick Ballentine stammt aus Norfolk, Virginia (USA). Er studierte Gesang am John F. Kennedy Center for the Performing Arts und absolvierte an der Los Angeles Opera das „Domingo-Colburn-Stein Young Artist Program“. Er wurde zudem am Aspen Music Opera Center, der Wolf Trap Opera und am Opera Theatre of St. Louis ausgebildet, wo er den „Thelma Steward Endowed Artist Alumni Award“ erhielt. Ferner wurde er mit dem „Kennedy Center’s Marian Anderson Award” ausgezeichnet und erhielt einen Grammy in der Kategorie „Best Opera Recording“. Zu seinen bemerkenswertesten Auftritten zählte seine Interpretation des „Sportin’ Life“ in „Porgy and Bess“ an der English National Opera, De Nationale Opera und der Metropolitan Opera.

In der Saison 2024/2025 gibt Ballentine sein Debüt bei der New World Symphony (Harlekin in „Der Kaiser von Atlantis”, Dirigat Stéphane Denève), an der Austin Opera (Ben Marco in „The Manchurian Candidate”) und der Utah Opera (Hexe in „Hänsel und Gretel”). Er kehrt für die Weltpremiere von „We Are The Lucky Ones” an die Dutch National Opera zurück, gestaltet Liederabende mit dem Pianisten Kunal Lahiry für das Konzerthaus Berlin und die Seattle Opera, tritt in Konzerten bei der Pacific Vocal Series auf und interpretiert konzertant die Rolle des Melot in „Tristan und Isolde” unter dem Dirigat von Yannick Nézet-Séguin und mit dem Philadelphia Orchestra.

Kunal Lahiry

Der indisch-amerikanische Pianist Kunal Lahiry ist BBC New Generation Artist (2021-23) und Stipendiat der Carl Bechstein Stiftung (2021). Zu seinen jüngsten Auftritten gehören Konzerte in der Wigmore Hall, der Elbphilharmonie, dem Kennedy Center, dem Pierre Boulez Saal, dem Festival d'Aix-en-Provence und anderen. Im Juni 2023 kuratierte Kunal ein „Queer Song Festival“ in der St. George's Kirche in Bristol, das von BBC Radio 3 ausgestrahlt wurde.

Lahiry arbeitet derzeit an einem langfristigen Auftragsprojekt für eine trans*Winterreise - er nimmt den dramatischen Umfang und die psychologische Landschaft von Schuberts/Wilhelm Müllers Liederzyklus und stellt ihn als zeitgenössische Erzählung für die queere Identität und Reise neu dar. Er erhielt Stipendien des Musikfonds und des Center for Musical Excellence für ein interdisziplinäres Videokonzert mit dem Titel „Homescapes“ mit der isländischen Sopranistin und visuellen Künstlerin Álfheiður Erla Guðmundsdóttir, und erstellte mit Unterstützung des Liedzentrums Heidelberg ein Musikvideo mit Boomtown Media Productions, das sich mit Queerness in der klassischen Musik beschäftigt. Im Jahr 2022 wurde Kunal eingeladen, ein konzeptionelles, interdisziplinäres Liederkonzert für das „Lied.LAB“ beim Heidelberger Frühling zu kreieren, das er „Sleep Cycle of an Insomniac“ nannte. Er arbeitete mit der Popsängerin Lie Ning in Berlin und trat 2020 gemeinsam mit ihr beim Hamburger Reeperbahn Festival auf.

Lahiry schloss sein Studium der Liedinterpretation bei Wolfram Rieger an der Hochschule für Musik Hanns Eisler mit Auszeichnung ab.

German Mother Mandhla Laveaux

ist eine trans-feminine Multimedia-Performance-Künstlerin, geboren und aufgewachsen in Simbabwe und lebt derzeit in Berlin. Sie verbindet häufig ihre eigene Musik mit visuellen Projektionen und performativem Tanz und gastierte bereits beim Whole Festival, bei Pop Kultur, an den Münchner Kammerspielen, am Gropius Bau und am HAU Berlin.

German Mother Gina Angels

begann 2018 zunächst als prominente Figur in den Kategorien Realness und Face und erweiterte ihr Repertoire ab 2022 mit Vogue Fem. 2019 schloss sie sich dem Kiki House of Angels an und wurde 2023 German Mother of the House. Sie hat sich als Ballorganisatorin etabliert und kuratiert Showcases, Workshops und Diskussionen zu wichtigen Themen der Ballroom Community. Kürzlich wurde sie mit dem „German Staple Award“ ausgezeichnet für ihr kontinuierliches Engagement für die Ballroom Community in Deutschland.

German Godmother Xena Louboutin

Xena ist eine in Berlin lebende italienische Performerin mit einem Hintergrund in Musik, Tanz und Kampfsport. Sie entdeckte das Voguing im Jahr 2013 durch die Ballroom-Ikonen Benny und Javier Ninja und hat seit ihrem Einstieg in die Szene im Jahr 2016 in ganz Europa Anerkennung gefunden. Xena trat 2018 dem Iconic House of Miyake Mugler bei und wurde 2023 Godmother des Kiki House of Louboutin.

German Princess Joana Juicy-Couture

ist seit 3 Jahren als Performerin und aktives Mitglied in der Ballroom-Szene tätig. Sie hat sich in Face und Vogue Fem auch über Deutschland hinaus etabliert. Sie hat auch Erfahrung in anderen Bereichen wie Mode, Film und Performance Art.

Shayne Angels

ist multidisziplinärer Performer, Movement Director und Model und hat für verschiedene Unternehmen, Marken und Künstler im In- und Ausland gearbeitet. Der bahamaisch-deutsche Künstler ist bekannt dafür, dass er seine Kunst mit Leidenschaft und Seele ausübt und oft seine Wurzeln und Erfahrungen in seine Arbeit einfließen lässt.

Zima Laveaux

ist seit 2018 Mitglied der Ballroom-Szene, wo er das ewige Erbe von Pop Dip and Spin, auch bekannt als Old Way, weiterführt. Zima hat in ganz Europa getanzt und gewonnen und dazu beigetragen, diesen Stil lebendig zu halten. Die ursprüngliche Form des Voguing beruht auf Anmut und Präzision, die sich in seiner Performance mit kraftvollen Bewegungen und athletischen Posen vermischen. Er ist Mitglied des deutschen Chapters des Kiki House of Laveaux und des House of Gorgeous Gucci.

Unsere Konzertempfehlungen

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