11.00 Uhr
Familienführung
Zwei Wochen lang brachte das Festival „Aus den Fugen“ im Konzerthaus visionäre Werke zusammen, die zu Unrecht noch keinen festen Platz auf Konzertpodien einnehmen, Künstler*innen, die auf eine Welt aus dem Lot reagieren und Formate, die den normalen Ablauf im Konzertsaal aus den Angeln heben.
Das Publikum tanzte ausgelassen zu Jazzrausch und der Unterbiberger Hofmusik, es gab Ovationen für Patricia Kopatchinskajas Plädoyer für Frieden, eine begeisterte Community beim Voguing-Abend „Our People“, würdevolles Gedenken zu 70 Jahren Yad Vashem mit Lera Auerbachs 6. Sinfonie „Vessels of Light“, dem Konzerthausorchester Berlin unter Joana Mallwitz und Gästen sowie viele weitere Konzerte.
Fotos: Sebastian Runge
Unsere ehemalige Artist in Residence, Geigerin Patricia Kopatchinskaja und ein Ensemble renommierter Musikerinnen und Musiker eröffneten das zweite Festival „Aus den Fugen“ mit einem halbszenisch inszenierten Konzert.
„Im Namen des Friedens“ unternahmen sie eine sinnliche Annäherung an Werke von Purcell bis Nono, die von Krieg als humanitärer Katastrophe zeugen, ebenso aber ein ergreifendes Plädoyer für Frieden und ein Mittel darstellen, die Hoffnung und den Glauben an ein friedliches Miteinander zu stärken.
Fotos: Pablo Castagnola
Gesellschaftlich marginalisiert, entwickelten queere schwarze und Latino New Yorker*innen den Tanzstil „Voguing“ in den 1970er und 80er-Jahren als Möglichkeit künstlerischen Ausdrucks und der Selbstfindung. In den sogenannten „Ballrooms“ wurde die Bühne auch zum emotionalen Laufsteg zur Eroberung von Respekt, Anerkennung und Zugehörigkeit.
Mit „Our People“ haben Tenor Frederick Ballentine und Pianist Kunal Lahiry einen begeisternden Abend zu Ehren schwarzer und queerer Stimmen mit Voguing und Liedern von Aaron Copland, Franz Schubert, Margaret Bonds, John Musto, Nina Simone und anderen gestaltet sowie einen Raum für die Berliner Voguing Community im Konzerthaus geschaffen.
Fotos: Sebastian Runge
Unter Leitung von Kevin John Edusei spielte Chineke! Orchestra, das erste mehrheitlich aus schwarzen und ethnisch diversen Musiker*innen bestehende Orchester Europas, sein erstes Konzert in Berlin. Im ausverkauften Saal feierte das Publikum Derrick Sykes „Prisms“, das Einflüsse vom Balkan, aus Ghana und aus hinduistischer klassischer Musik vereint, die naturverbundene Spiritualität des „Concerto for Orchestra“ von Brian Raphael Nabors und die junge Solistin bei Prokofjews Klavierkonzert Nr. 3: Isata Kanneh-Mason, Schwester unseres aktuellen Artist in Residence, Cellist Sheku Kanneh-Mason.
Fotos: Pablo Castagnola
Ob das „Bibi und Tina-Intro“, Britney Spears' „Toxic“ oder Billie Eilishs „Bad Guy“, John Williams' Thema auf Harry Potters Eule Hedwig oder Wagners „Tannhäuser“-Ouvertüre, Bachs „Toccata“ oder Griegs „In der Halle des Bergkönigs“ – unsere Kombattanten, die Organisten Thomas Cornelius und Thomas Ospital, zogen buchstäblich alle Register ihres enormen Könnens. Fazit: In der Orgel steckt viel Humor. Und offenbar auch in einigen der oft so ernst wirkenden Organisten!
Fotos: Sebastian Runge
Was ist Heimat, wo ist man zu Hause, was verbindet Menschen in Berlin über alle Unterschiede hinweg, was ist diese Stadt für uns und wie klingt sie? Das war in NEXT STOP: BLN zu erfahren, einem Projekt von jugendlichen Workshop-Beteiligten aus Marzahn, Projektdesigner Kian Jazdi und Pianistin Hanni Liang zu Musik von Sally Beamish, Ethel Smyth und Emmanuel Séjourné.
Fotos: Simon Pauly
Zum 70-jährigen Bestehen der Internationalen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem hat Lera Auerbach ihre 6. Sinfonie mit dem Beinamen „Vessels of Light“ (Lichtgefäße) komponiert und dem in Litauen stationierten japanischen Diplomaten Chiune Sugihara gewidmet, der während des zweiten Weltkriegs tausende jüdischer Menschen durch Visaerteilung rettete, darunter den Schwiegervater von Cellosolistin Kristina Reiko Cooper. Joana Mallwitz leitete das Konzerthausorchester, den Kaunas State Choir und ein Solistenensemble.
Die kabbalistische Erzählung vom „Bruch der Gefäße“ bei der Weltentstehung, die wertschätzende Kunst des japanischen Kintsugi, die mittels Lack und Goldpulver zerbrochenes Porzellan oder Keramik rettet und die stillen Worte des biblischen Psalms 121 verwob die im Saal anwesende Komponistin zu einem das Publikum tief beeindruckenden Teppich aus Worten und Musik.
Fotos: Pablo Castagnola
Unser Artist in Residence, Cellist Sheku Kanneh-Mason, und Jazzpianist Harry Baker nahmen unser Festivalpublikum mit auf Erkundungsreise von Bach über Lianne La Havas bis Pat Metheny.
Fotos: Felix Löchner
Sphärische Soundscapes mit Obertongesang vom Vocalconsort Berlin und danach Daphne Orams „Still Point“ von 1948, in dem erstmals der Klang eines Orchesters elektronisch live weiterverarbeitet wurde, erwarteten das Publikum am Freitagabend.
Inspiriert von Dichter T.S. Eliot machte die Komponistin sich damals auf die Suche nach dem „stillen Mittelpunkt“, an dem Vergangenheit und Zukunft zusammenkommen. Ihr visionäres Werk war dank der jungen britisch-persischen Komponistin und Turntable Artist Shiva Feshareki nach 75 Jahren mit dem Konzerthausorchester Berlin erstmals in Deutschland zu hören. Zu Grunde liegen Erfahrungen der zur Entstehungszeit 23-jährigen Oram als Radiotechnikerin unter der Glaskuppel der Londoner Royal Albert Hall im Bombenhagel des Zweiten Weltkriegs.
Fotos: Felix Löchner
Enjoy & dance am Samstag: Die Sehnsucht „der Clubgänger nach mehr Echtem, Handgemachtem, Frischem und Originellem“ und das Verlangen „der Jazz- und Klassik-Hörer nach mehr Wumms, Entertainment, nach großem Sound und fettem Groove“ stillte die Jazzrausch Bigband glatt auf einmal. Als die Unterbiberger Hofmusik loslegte, gab es ohnehin kein Halten mehr: Typisch bayerisch mit Einflüssen von Folk, Jazz, Latin, Balkan, Brass – oder einfach richtig gute Musik, fand unser Publikum und feierte die Künstler frenetisch.
Fotos: Sebastian Runge
Ein Sonntagsspaziergang ist wohltuend, klärt den Geist und beruhigt den Herzschlag. Das kann gerade in dieser Zeit nicht schaden. Nach 13 Tagen „Aus den Fugen“ sorgten Schlagzeuger Alexej Gerassimez und die Mitglieder des Manchester Collective für einen angenehmen Flow, während das Publikum gemeinsam unsere Säle durchwanderte.