Ozeanische Orgel

von Konzerthaus Berlin 24. Juni 2024

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© Markus Werner

Iveta Apkalna verabschiedet sich nach drei Saisons als Organistin in Residence ganz groß mit dem Konzerthausorchester, geleitet von Juraj Valčuha.

Zum Finale erklingt „Okéanos“ von Bernd Richard Deutsch – was für ein Werk ist das?

Das ist einfach ein spannungsvolles, farbenreiches, virtuoses Orgelkonzert. Es ist gewaltig mit seinen vier Sätzen, in denen wir jeweils in eines der Elemente Wasser, Luft, Erde und Feuer eintauchen. Technisch ist es unglaublich anspruchsvoll, denn es verlangt sehr viele Farben, die man aus der Orgel herausholen muss. Und außerdem ist ein riesengroßes Orchester besetzt. Dem Komponisten ist sehr gut gelungen, dass die Orgel in gestaltende Dialoge mit den Orchesterfarben tritt und trotzdem immer den Status der Solistin behält.

Lieben Sie das Meer?

Jeder Lette und jede Lettin – ganz besonders diejenigen von uns, die weit weg von ihrer Heimat sind oder sehr selten dort sein können – werden auf die Frage, was sie an Lettland besonders schätzen, etwas wie „die Küste", „den Strand“ oder „die Wellen und das Meeresrauschen“ antworten. Da bin ich keine Ausnahme (lacht). Wenn ich am Meer bin und auf den Horizon schaue, werden viele meiner Fragen gelöst, weil mir die Dimensionen meines Lebens und der Welt bewusst werden.

Tatsächlich ist die Orgel für mich ein Ozean. Aber nicht nur, weil sie majestätisch, tief und beeindruckend ist und sehr laut sein kann, sondern auch, weil wir bei ihr zur Ruhe kommen können. Sie kann unglaublich fragil und sensibel, transparent und zerbrechlich klingen. Zum Beispiel in ihren Flötenstimmen, die einen direkt ins Herz treffen. In dieser Vielseitigkeit korrespondiert sie mit etwas in uns – ganz wie das Meer.

Wie war es für Sie, drei Jahre ein künstlerisches Zuhause am Gendarmenmarkt zu haben?

Das war etwas ganz Besonderes, weil Berlin bereits meine Wahlheimat ist. Hier lebe ich mit meiner Familie. Weil ich drei Saisons lang immer wieder im Konzerthaus spielen konnte, wurde es im doppelten Sinne meine Heimat. Ich habe mich menschlich und praktisch vollkommen eingelebt – obwohl ich im Herzen Lettin bleibe (lacht). Am Konzerthaus konnte ich zeigen, was mir wichtig ist und was mich musikalisch und menschlich am besten charakterisiert. Dazu gehörten zum Beispiel das Walpurgisnacht-Konzert um Mitternacht mit Petr Ebens „Faust“ und das Konzert für Orgel und Orchester von Aaron Copland. Unter Organisten ist es bekannt, aber nicht jeder spielt es gerne, denn es ist ziemlich unkonventionell.

Zuletzt hatten wir ein „Iveta & Friends“-Konzert: Die Sopranistin Katrīna Paula Felsberga stammt wie ich aus Lettland, Martynas Levickis am Akkordeon ist Litauer und der finnische Cellist Taneli Turunen ist Mitglied im Konzerthausorchester. Berlin ist für uns alle vier zur Heimat geworden und wir haben uns eigentlich hier erst kennengelernt. In unseren nordischen Ländern, in denen es monatelang sehr wenig Licht gibt, feiern wir Mittsommer, den längsten Tag, besonders ausgelassen – in Lettland tatsächlich vom 23. auf den 24. Juni, also genau am Datum dieses Konzerts. Diese Mittsommernacht habe ich mit meinen Freunden und dem Konzerthaus-Publikum gefeiert – mit Musik aus den baltischen Ländern, aber auch Italien und Frankreich waren vertreten.

Über drei Saisons immer weiter in die Tiefe gehen zu können, bis sich ein komplettes Bild von der Orgel im Konzerthaus und mir Organistin ergibt, hat mir große Freude bereitet.

Wie haben Sie unser Publikum erlebt?

Ein Konzert ist ein Weg, danach ist man immer ein etwas anderer Mensch als vorher. Wenn jemand zu mir sagt, „Eigentlich mag ich Zeitgenössisches nicht. Aber das, was ich heute gehört habe in diesem Zusammenhang mit anderen Stücken, das hat mich wirklich sehr fasziniert. Ich glaube, ich werde noch mal was Zeitgenössisches hören", dann freut mich das unglaublich. Auch auf das Überraschungsprogramm „Ivetas Pralinenschachtel“ habe ich viele schöne Rückmeldungen bekommen. Die Leute haben positiv darauf reagiert, dass es ein Konzert war, dessen Programm vorher nicht feststand und bei dem sie über die Musikwünsche direkt mit mir in Kontakt kamen. Ich hoffe, dass sich die Menschen, die zu meinen Konzerten gekommen sind, der Orgel nun näher fühlen als vorher.

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