15.00 Uhr
Expeditionskonzert mit Joana Mallwitz
Seit 1998 steht etwas unter Pflanzen verborgen eine Bronzefigur der Berliner Künstlerin Carin Kreuzberg nah beim Konzerthaus. Es ist der berühmte Dichter Ernst Theodor Amadeus Hoffmann. Sein Blick ist auf das Eckhaus Charlottenstraße/Taubenstraße gerichtet. Im 2. Stock der Taubenstraße 31 hat er von 1815 bis zu seinem Tod 1822 gewohnt. Wir erzählen aus seinem Leben.
Der 1776 in Königsberg geborene Hoffmann hatte in seiner Heimatstadt Jurisprudenz studiert und wurde zunächst nach Glogau versetzt. Nach dem 2. Juristischen Examen setzte er 1798 seine Laufbahn als Staatsdiener in Berlin fort, wo er 1800 das 3. Juristische Examen ablegte und anschließend als Assessor an das Obergericht Posen entsandt wurde.
Allerdings versah der künstlerisch vielseitig begabte Hoffmann die Tätigkeit im Staatsdienst nur als Broterwerb, denn er fühlte sich zu Höherem berufen: Musik, Dichtung und Zeichenkunst.
Seine flotte Hand bremste seine juristische Karriere jedoch aus: Nachdem er als Schöpfer von bissigen Karikaturen bekannter Persönlichkeiten der Posener High Society enttarnt worden war, folgte 1802 eine Strafversetzung in die Kleinstadt Plotzk an der Weichsel. 1804 ging es dann für Hoffmann als Regierungsrat nach Warschau, wo er sich neben seiner juristischen Tätigkeit vor allem als Kapellmeister und Komponist im örtlichen Musikleben einbrachte.
Napoleons Sieg über Preußen und der Einmarsch der französischen Truppen beendete diese Episode geordneten Schaffens für Hoffmann jäh: Da er sich weigerte, seinen Amtseid auf Napoleon zu leisten, wurde er aus dem Staatsdienst entlassen und versuchte sich anschließend in Berlin als Musiker zu etablieren – vergeblich. Es folgten Hungermonate, die sich fest in sein Gedächtnis einbrannten.
Schließlich gelang es ihm doch, sein „Hobby“ zum Beruf zu machen, denn Hoffmann wurde als Musikdirektor an das Theater im oberfränkischen Bamberg verpflichtet. Doch dann kam ein Schlag nach dem nächsten: Fiese Ensemble-Intrigen beförderten ihn aufs Abstellgleis, das Theater ging zwischendurch sogar kurz pleite, Hoffmann verliebte sich in eine Klavierschülerin und schaute nach deren hektisch arrangierter Eheschließung mit einem anderen noch tiefer ins Glas, als er es eh schon getan hatte.
In den folgenden Jahren schlug sich Hoffmann als Komponist und Musiklehrer mehr schlecht als recht durch. Auch seine Tätigkeit als Kapellmeister einer Theatertruppe in Leipzig und Dresden 1813/14 war nicht von Glück gekrönt. Und am Ende musste Hoffmann froh sein, dass er wieder in den preußischen Staatsdienst zurückkehren konnte, wo sich ihm am Berliner Kammergericht eine Anstellung bot.
Nach einer Probezeit ohne Vergütung kam die Beförderung zum Kammergerichtsrat, und das damit verbundene Gehalt gab ihm endlich die Möglichkeit, für sich und seine Gattin Mischa eine angemessene Behausung zu mieten, die das Ehepaar Hoffmann am Gendarmenmarkt gleich hinterm Nationaltheater fand.
Den Konflikt zwischen Brotberuf und künstlerischen Neigungen musste Hoffmann jetzt aber wirklich in den Griff bekommen. Die Honorare, die er in seiner Nebentätigkeit als erfolgreicher Autor verlangen konnte und auch bekam, waren durchaus ansehnlich. Als Kammergerichtsrat und Mitglied einer „Immediat-Untersuchungs-Kommission zur Ermittlung von hochverräterischen Verbindungen“ brachte ihn sein unbestechlicher Sinn für Gerechtigkeit vor dem Gesetz mehr als einmal in Konflikt mit der Obrigkeit. Seine Trinkexzesse im Weinlokal „Lutter & Wegner“ – gemeinsam mit dem Schauspieler Ludwig Devrient als Saufkumpan – waren überregional bekannt: Hoffmann stand beim Kneipier zwar gehörig in der Kreide, dieser ließ sich aber nichts anmerken, denn er machte sein Geschäft durch die zahlreichen Gäste, die nur wegen Hoffmann kamen…
Seine letzten sieben Lebensjahre, von Juli 1815 bis zu seinem Tod, wohnte Ernst Theodor Amadeus Hoffmann also am Gendarmenmarkt in unmittelbarer Nähe des Schauspielhauses – heute steht an dieser Stelle das Intendanzgebäude des Konzerthauses. Bereits im Nationaltheater, aber auch in dem nach der Brandkatastrophe von 1817 in nur drei Jahren aufgebauten neuen Schauspielhaus, ging der inzwischen geachtete Jurist und erfolgreiche Dichter ein und aus.
Und hier erfüllte sich am 3. August 1816 ein Herzenswunsch des Dichters: Seine Oper „Undine“ wurde uraufgeführt! Endlich ein Stück näher an dem Traum, den er in einem Brief formulierte:
„Mein Name soll nicht anders als durch eine gelungene musikalische Komposition der Welt bekannt werden.“
Mit seiner Zauberoper lieferte Hoffmann den Urtypus der romantischen Oper und damit den Vorläufer zu Carl Maria von Webers ungleich berühmteren „Freischütz“, der nur wenige Jahre später am selben Ort Premiere feiern sollte.
Das Bühnenbild zu Undine malte übrigens kein Geringerer als Karl Friedrich Schinkel – leider zerstörte es der verheerende Brand nach nur 14 Vorstellungen vollkommen. Und wer baute am Ende das Theater am Gendarmenmarkt wieder auf? Na, klar: Karl Friedrich Schinkel!
Literarische Berühmtheit erlangte des Dichters letzte Behausung vor allem durch die Erzählung „Des Vetters Eckfenster“, in der der todkranke Dichter seine Beobachtungen über das Leben und Treiben auf dem Platz mit klarem Auge und kühlem Blute zu Papier brachte, und auch zeichnete:
Der Tod am 25. Juni 1822 erlöste den gelähmten Dichter nicht nur von Siechtum und langem Krankenlager, sondern auch von den Folgen eines Disziplinarverfahrens, das gegen ihn wegen eines indiskreten literarischen Porträts seines Dienstvorgesetzten in dem großen Märchen „Meister Floh“ angestrengt worden war.
Hoffmanns Grab auf dem Friedhof der Jerusalemgemeinde Berlin bezeichnet ein Grabstein mit folgender Aufschrift:
E. T. W.* Hoffmann
geb. Königsberg in Preußen den 24. Januar 1776
gest. Berlin, den 25. Juni 1822.
Kammer Gerichts Rath
ausgezeichnet
im Amte
als Dichter
als Tonkünstler
als Maler
Gewidmet von seinen Freunden.
*Das A in seinem Namen wählte Hoffmann selbst in Erinnerung an den zweiten Vornamen Mozarts. Sein Taufname lautete Ernst Theodor Wilhelm Hoffmann.