15.00 Uhr
Expeditionskonzert mit Joana Mallwitz
Die Eltern Kantoren, der Bruder im Kreuzchor – schon als kleiner Junge in Dresden und später als Leipziger Musikstudent war unser Solo-Cellist Friedemann Ludwig immer von Bachs Musik umgeben. Während wir Friedemann nach seiner musikalischen Heimat ausgefragt haben, sind wir sogar zweimal mit unserem 48-Sekunden-Konzerthausaufzug rauf und runter gefahren. Bach ist eben immer ein weites Feld!
Ich erinnere mich gar nicht an eine Zeit vor Bach! Als kleiner Bub bin ich oft zu seiner Musik eingeschlafen, wenn mein Vater sich daheim an unserem sehr betagten, extra gedämpften Seiler-Flügel auf den nächsten Sonntag vorbereitet hat. Meine Mutter sang sehr schön, und dieser unmittelbare Zugang über die Stimme hat mich im Hinblick auf Bach sehr geprägt. Wenn ich Sänger begleite, weiß ich ganz genau, wann sie atmen.
Ob ich als Kind zum Zuhören mitgenommen wurde oder selber mitgesungen habe – irgendwie wurde es erst richtig Weihnachten, wenn das Weihnachtsoratorium auf dem Programm stand. Das ist für mich bis heute so. Die Choräle gehören zum Fest dazu.
Für jeden jungen Cellisten ist es ein Traum, irgendwann mit den Solosuiten anzufangen. Aber dafür muss man schon wenigstens fünf, sechs Jahre lang sein Instrument üben. Davor habe ich gesungen und viel Continuo gespielt. Am Anfang haben mich sowieso seine Orgelwerke noch viel mehr als alles andere begeistert – ein riesengroßer Ozean von Musik, unglaublich starke Stücke voller Energie.
Ich habe mir grad ein Violoncello Piccolo bestellt. Die sechste Cellosuite wurde ursprünglich auf einem fünfsaitigen Instrument gespielt: Die üblichen vier, also C-G-d-a, und eine zusätzliche e-Saite. Ich habs ausprobiert, es klingt wirklich ganz anders. Bach hat das Cello Piccolo auch in mehreren Kantaten verwendet, die sind alle wunderschön. Es hat nur einen Nachteil: Es ist sehr leise.
Es gibt viele Menschen, die sie beruhigt und die sie so wahrnehmen, als gäbe es da eine Ordnung: In der Rhythmik, aber auch darin, wie sich die Musik entwickelt, wie sie komponiert ist, wie sie einen innerlich anspricht.
Die Tür öffnet sich in Zeitlupentempo.
Ich bin sehr ungeduldig! Wenn ich eine Idee oder ein Ziel habe, möchte ich es so schnell wie möglich umsetzen. Das war schon in meiner Kindheit so. Aber Genuss verträgt sich nicht mit „schnell“. Vor dem Plattenspieler habe ich damals Geduld entwickelt, als ich die Matthäus-Passion rauf und runter gehört habe. Dafür brauchte ich viel Zeit – und habe das tatsächlich mal genossen.