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Familienführung
88 Tasten sind eine ganze Welt? Für Klavierfans auf jeden Fall! Und seien wir mal ehrlich: Es gibt kaum ein wandelbareres Instrument als das Klavier. Es kann große Konzerthallen und kleine Zimmerchen gleichermaßen mit wunderbarem Klang füllen, fügt sich wie das letzte Puzzleteilchen in ein Sinfonieorchester oder eine Jazz-Combo ein. Ein Klavier kann wirklich ganz schön viel. Und im April ist es unser #instrumentdesmonats.
Manche haben Klavier oder gar Flügel nur zu Dekozwecken im Wohnzimmer stehen, andere hatten schon mal Unterricht auf dem alten verstimmten Kasten von Oma, fast jede*r kann sich kurz dransetzen und Alle meine Entchen oder den berühmten Flohwalzer spielen. Wir haben hier für Euch ein paar Fakten zusammengetragen, die Euer Wissen zum Klavier komplettieren.
Alle kennen die Geschichte von Klavieren, deren weiße Tasten aus Elfenbein oder Knochen sind. Was früher tatsächlich normal war, ist heutzutage glücklicherweise verboten. Ebenholz wiederum, das für die schwarzen Tasten benutzt wurde, gehört zu Tropenhölzern und damit seit vielen Jahren zu den gefährdeten Arten. Es gibt ein Gesetz, das anhand Instrumentenbaujahrs bestimmt, ob Elfenbein- und Ebenholztasten noch erlaubt sind. So müssen alte Klaviere, die oft mechanisch noch wunderbar in Schuss sind, nicht auf den Sperrmüll. Und neue bekommen gleich Tasten aus Fichtenholz mit Kunststoffüberzug.
Früher waren die weißen Tasten übrigens schwarz und die schwarzen weiß. Warum und wann genau sich das änderte, ist nicht belegt.
Das aufrechte Klavier ist eine Erfindung des 19. Jahrhunderts. Ursprünglich entwickelten sich die Tasteninstrumente aus dem Cembalo, bei dem wie beim Hammerklavier und später beim Flügel die Saiten horizontal und nicht vertikal gespannt sind. Als dann Klaviere erschwinglicher oder vielmehr zu gern gesehenen häuslichen Accessoires wurden, mussten sie sich in ihrer Form anpassen. Cembalo oder Hammerklavier hätten einfach zu viel Raum eingenommen. Deshalb bauten findige Instrumentenbauer die ersten aufrechten Hammerklaviere und Schrankklaviere als Vorläufer unseres modernen Klaviers.
Klaviere sind in der Bedienung Tasteninstrumente, in der Klangerzeugung Schlaginstrumente und dank des schwingenden Mediums Saiteninstrumente.
Mit der Entwicklung des Pianoforte nach Bartolomeo Cristofori im 17. Jahrhundert erweiterten Klavierpedale die Ausdrucksmöglichkeiten beim Spielen. Der berühmteste Effekt ist wohl das Nachklingen der Töne beim sogenannten Haltepedal.
Fast jede*r Klavierschüler*in spielt im Laufe der kurzen oder langen Karriere den berühmten 1. Satz der Mondscheinsonate von Ludwig van Beethoven. Der Komponist hat hier ganz explizite Angaben für das Haltepedal gemacht: Es soll den ganzen Satz hindurch gedrückt sein. Nur wenige Pianist*innen beherzigen diese Vorschrift heute noch, denn schließlich läuft man Gefahr, dass alle Harmonien ineinanderfließen und ein großer Klangballon ohne Kontur übrig bleibt. Wenn man aber vorsichtig die Tasten anschlägt, das von Beethoven vorgeschriebene Tempo einhält und den Harmonien so genügend Raum gibt, entsteht ein wunderbares Stück Musik, wie diese frühe Aufnahme unseres Artist in Residence Lucas Jussen beweist.
Wenn eine Pianistin mit dem Fuß das linke Pedal betätigt, kann man beobachten, wie sich die Klaviatur des Flügels ein Stückchen nach rechts bewegt. Dabei ist das nicht nur die Klaviatur, sondern die gesamte Mechanik, die an der Klavieratur hängt.
Das führt dazu, dass die Hämmer nur noch zwei bzw. eine der eigentlich in Chören von drei oder zwei Einzelsaiten zusammengefassten Saiten treffen.