16.00 Uhr
Neujahrskonzert
Kammermusik mit dem Artist in Residence
Sheku Kanneh-Mason Violoncello (Artist in Residence)
Friedemann Ludwig Violoncello
Andreas Timm Violoncello
Viola Bayer Violoncello
Alexander Kahl Violoncello
Nerina Mancini Violoncello
Jae Won Song Violoncello
Hyejin Kim Violoncello
Fabian Sturm Violoncello
Programm
Henry Purcell (ca. 1659 – 1695)
Fantasien für Streicher, bearbeitet für fünf bis sieben Violoncelli von Friedemann Ludwig
Nr. 13 für fünf Stimmen (Upon one note)
Nr. 14 für sechs Stimmen (In nomine)
Nr. 15 für sieben Stimmen (In nomine)
Kaija Saariaho (1952 – 2023)
„Neiges“ für acht Violoncelli
Nuages de neige
Étoile de neige
Etoile de neige 2
Aiguilles de glace
Fleurs de neige
Heitor Villa-Lobos (1887 – 1957)
„Bachianas Brasileiras“ Nr. 1 für acht Violoncelli
Introduction: Embolada
Preludio: Modinha
Fugue: Conversa
PAUSE
Johann Sebastian Bach (1685 – 1750)
„Komm, süßer Tod“ BWV 478 für Singstimme und Basso continuo, für fünf Violoncelli bearbeitet von Sheku Kanneh-Mason
Johann Sebastian Bach
„Nun komm, der Heiden Heiland“ - Choralbearbeitung BWV 659, für vier Violoncelli bearbeitet von Sheku Kanneh-Mason
Johann Sebastian Bach
Adagio aus Toccata, Adagio und Fuge C-Dur BWV 564, für vier Violoncelli bearbeitet von Sheku Kanneh-Mason
Béla Bartók (1881 – 1945)
44 Duos für zwei Violinen (Auszüge in einer Bearbeitung für Violoncelli)
Morton Gould (1913 – 1996)
„Cellos“ für acht Violoncelli
Stringendo
Sostenuto
Pizzicato
Spiccato
Consuelo Velázquez (1916 – 2005)
„Bésame Mucho“, bearbeitet für acht Violoncelli von Alexander Kahl
Sheku Kanneh-Mason ist in dieser Saison als Artist in Residence am Konzerthaus Berlin mit gleich drei großen Cellokonzerten als Solist vertreten. Doch auch die Kammermusik hat seit jeher einen besonderen Platz in seinem Herzen. Kein Wunder, denn mit sechs Geschwistern, die ebenfalls Musiker*innen sind, kennt der Cellist das Musizieren im kleineren Kreis seit seiner frühesten Kindheit. Mit seiner Schwester Isata wird er am 29. April ein Duo-Rezital mit Werken für Cello und Klavier präsentieren. Für das heutige Konzert, in dem ganz allein das Cello im Fokus steht, borgt sich Kanneh-Mason kurzerhand sieben Cellist*innen des Konzerthausorchesters aus. Mit Werken in wechselnden Besetzungen von zwei über vier und fünf bis hin zu acht Celli erstreckt sich das Programm über mehr als dreihundert Jahre Musikgeschichte und lässt das Instrument in Originalkompositionen und Arrangements immer wieder in seiner ganzen Klangvielfalt erstrahlen.
Seit geraumer Zeit ist eine der beliebtesten kammermusikalischen Gattungen das Streichquartett. Das war jedoch nicht immer so – bis in die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts wurden zahlreiche Werke für Gamben in verschiedenen Besetzungen komponiert, bevor diese von den moderneren, heute üblichen Streichinstrumenten abgelöst wurden. Diese Stücke können meist ohne Eingriff in den Notentext von den heutigen Instrumenten gespielt werden, so auch von einem Celloensemble. Insbesondere in England erfreute sich die Gambenmusik in Form von Fantasien großer Beliebtheit. Entstanden im Jahr 1680 sind die „15 Fantazias“ von Henry Purcell vielleicht der eindrucksvollste Beitrag zu dieser Gattung und markiert gleichzeitig ihr Ende – Purcell wandte sich von den Fantasien ab und widmete sich den immer populärer werdenden Triosonaten, die ihrerseits in der Entwicklung des Streichquartetts münden sollten.
Die Idee zu „Neiges“ (dt.: Schnee) fiel für Kaija Saariaho 1998 buchstäblich vom Himmel. Sie wusste bereits, dass sie ein Stück für acht Celli schreiben will, das sich um das Thema Symmetrie dreht. Als es während ihres gedanklichen Prozesses plötzlich zu schneien begann, war sie so fasziniert von der einzigartigen, symmetrischen Gestaltung der Schneeflocken, dass sie sich entschloss, diese zum Mittelpunkt ihrer Komposition zu machen. Entstanden ist ein Stück mit unwiderstehlicher, sphärischer Sogkraft, das manchmal bis an die Belastungsgrenzen der Instrumente geht.
Eine weitere beliebte Originalkomposition für Celloensemble stammt von Heitor Villa-Lobos, der im Zeitraum zwischen 1930 und 1945 mit seinen neun „Bachianas Brasileiras“ Synthesen aus barocker Kompositionstechnik und brasilianischer Volksmusik geschaffen hat. Besonders faszinierte ihn neben der Bewunderung für Bach als zentrale Figur der europäischen Musik der enorme historische wie geografische Abstand zwischen den beiden Stilen. Daher sind die „Bachianas“ weniger der Versuch einer Imitation von Bachs Stil als eine Umsetzung von dessen Harmonie- und Kontrapunktlehre in brasilianischen Formen und Melodien. Jede der neun „Bachianas“ ist für eine andere Besetzung geschrieben, das Cello als Hauptinstrument des Komponisten findet sich mehrfach wieder – so gleich achtfach ersten Stück.
Johann Sebastian Bachs Verdienst an der Musik versetzt die Menschen über die Jahrhunderte hinweg in Ehrfurcht. Sheku Kanneh-Mason selbst gibt sich dem mit drei Arrangements für vier und fünf Celli hin und hüllt Meisterwerke wie das Lied „Komm, süßer Tod“ oder den Choral „Nun komm, der Heiden Heiland“ in ein neues Klanggewand. Das zarte Adagio aus BWV 564 bildet einen besonders intimen Moment in diesem Programm.
Die „44 Duos für zwei Violinen“ hat Béla Bartók, wenig überraschend, nicht dafür komponiert, um sie von zwei Celli aufführen zu lassen. Eigentlich sollten sie überhaupt nie aufgeführt werden, sondern lediglich, wie Etüden, als Unterrichtsmaterial für Geigenschüler*innen dienen. Das konzertante Potenzial der Miniaturen, in denen der Komponist folkloristische Einflüsse aus Ungarn sowie slawischen und arabischen Ländern verarbeitet, wurde jedoch früh erkannt.
Der US-amerikanische Komponist Morton Gould schrieb seinerzeit Werke für jede erdenkliche Besetzung, wie zum Beispiel „The Jogger and the Dinosaur“ für Rapper und Orchester oder den „Hosedown“ für Feuerwehrchor. So ist man bei ihm vielleicht weniger verwundert als bei anderen Komponist*innen, dass sich in seinem Oeuvre auch ein Werk für acht Celli wiederfindet. Der Titel des Stücks von 1984 ist so schlicht wie zutreffend – „Cellos“ heißt seine humorvolle Hommage an das Instrument des heutigen Abends und fokussiert sich in jedem der vier Sätze auf eine andere Spieltechnik.
Der berühmteste Bolero der Musikgeschichte stammt zweifellos von Maurice Ravel. Das Wort Bolero bezeichnet jedoch nicht nur einen spanischen Tanz mit prägnantem Rhythmus, sondern ebenso eine völlig unverwandte Gattung, nämlich kubanische Liebeslieder. Einer dieser Boleros ist unter dem Namen „Bésame mucho“ (dt.: Küss mich fest) enorm populär geworden und transportiert das titelgebende Verlangen wie kaum ein anderes Lied – und das, obwohl die damals 19-jährige Komponistin Consuelo Velázquez zum Entstehungszeitpunkt laut eigener Angabe noch nie jemanden geküsst hatte.
Cellist Sheku Kanneh-Masons Karriere und Auftritte führen ihn in alle Welt. Ob er für Kinder in einer Schulaula, in einem Underground-Club oder in den führenden Konzertsälen der Welt als Solist mit Orchestern wie den Los Angeles Philharmonic, dem Orchestre de Paris oder dem Royal Philharmonic Orchestra auftritt – Sheku sieht seine Aufgabe darin, Musik allen zugänglich zu machen. Neben seiner Karriere als Cello-Solist tourt er regelmäßig mit seiner Schwester Isata am Klavier durch Europa und Asien. Seit seinem Debüt 2017 ist er jeden Sommer bei den BBC Proms aufgetreten. Shekus Album „Elgar“ kam 2020 auf Platz 8 der offiziellen britischen Albumcharts. Damit war er der erste Cellist in den britischen Top 10.
Sheku Kanneh-Mason ist Absolvent der London Royal Academy of Music, wo er bei Hannah Roberts studierte. 2022 wurde er dort zum ersten Menuhin-Gastprofessor für Performance Mentoring ernannt. Er ist Botschafter für die Juvenile Diabetes Research Foundation, Future Talent und Music Masters. 2020 wurde auf der New Year's Honours List zum Mitglied des Most Excellent Order of the British Empire (MBE) ernannt. Er spielt ein Matteo-Goffriller-Cello aus dem Jahr 1700, das ihm als Dauerleihgabe zur Verfügung steht.
studierte in seiner Heimatstadt Dresden sowie in Leipzig. Der Solo-Cellist ist seit 1988 Mitglied des heutigen Konzerthausorchesters Berlin, außerdem Gründungsmitglied des Berliner Streichsextetts. Er musiziert und unterrichtet auf Festivals (Aigues-Vives en Musiques, Harleshäuser Sommerkurse, Kammermusiktage Ahrenshoop, Oldenburger Promenade, Schloss Rheinsberg) und lehrt an der Akademie des Konzerthausorchesters. Sein Instrument ist ein Jean Baptiste Vuillaume-Cello von 1840.
studierte in seiner Heimatstadt Leipzig, in Lübeck sowie bei Gustav Rivinius in Saarbrücken. Seit 2002 ist er Stellvertretender Solo-Cellist im Konzerthausorchester Berlin, außerdem musiziert er im Horenstein Ensemble und im Konzerthaus Kammerorchester. Der Preisträger nationaler und internationaler Wettbewerbe war Stipendiat der Deutschen Stiftung Musikleben. Als vielseitiger, begeisterter Kammermusiker spielt er unter anderem mit dem Gewandhausquartett sowie im Ensemble Leipzig-Berlin und ist regelmäßig bei Festivals zu Gast, etwa in Nancy, Luzern und Echternach, beim Schumann-Festival in Zwickau oder beim Tokio String Festival.
absolvierte ihr Studium an den Musikhochschulen Saarbrücken, Köln und Düsseldorf (Konzertexamen 2002 mit Höchstnote). Sie errang Erste Landespreise bei „Jugend musiziert“ und war Stipendiatin der Begabtenförderung Rheinland-Pfalz sowie der Stiftung „Villa Musica“. 2000 wurde sie in die Stiftung „Yehudi Menuhin Live Music Now“ aufgenommen. Als Mitglied des Bundesjugendorchesters führten sie Konzerttourneen durch Europa. Nach einer Aushilfsstelle beim Saarländischen Rundfunk wurde sie 2001 festes Mitglied des Konzerthausorchesters Berlin. Weiterhin ist sie Mitglied verschiedener Kammermusik-Ensembles.
wurde in Hanau geboren. Er studierte in Berlin und Rostock bei Michael Sanderling und Josef Schwab. Seit 2005 ist er Mitglied des Konzerthausorchesters Berlin, außerdem spielt er im Konzerthaus Kammerorchester. Mit den „Berliner Cellharmonikern“ tritt er bei internationalen Festivals auf.
wurde in Florenz geboren und wuchs im kalifornischen San Francisco auf. Sie studierte in Berkeley (CA) bei Bonnie Hampton, in Detmold sowie in Basel bei Thomas Demenga. Seit 2004 ist sie Mitglied des Konzerthausorchesters Berlin, außerdem spielt sie im Konzerthaus Kammerorchester. Zuvor war sie Praktikantin im Sinfonieorchester Basel und Stipendiatin der Akademie des Bayerischen Rundfunks. Als Solistin, Orchester- und Kammermusikerin war Nerina Mancini bei den Festivals in Davos, Schleswig-Holstein und Tanglewood zu Gast und spielte im Verbier Festival Chamber Orchestra.
wurde in Seoul geboren und studierte in Köln bei Frans Helmerson und beim Alban Berg Quartett sowie in Frankfurt bei Antonio Meneses und Michael Sanderling. Seit 2000 ist sie Mitglied des Konzerthausorchesters Berlin. Sie ist Preisträgerin mehrerer koreanischer Wettbewerbe und Stipendiatin der Stiftung „Villa Musica“, wo sie von Künstler*innen wie Thomas Brandis und Miriam Fried Impulse erhielt. Am Konzerthaus Berlin tritt sie immer wieder in verschiedenen Ensembles auf. JaeWon Song spielt außerdem im Konzerthaus Kammerorchester.
hat am Pariser Konservatorium bei Jérôme Pernoo sein Bachelor-Studium abgeschlossen, sein Masterstudium absolviert er in Hamburg bei Alexey Stadler. Der Berliner Cellist ist Preisträger nationaler und internationaler Wettbewerbe und wurde zu zahlreichen Festivals eingeladen. Er ist Stipendiat der Deutschen Stiftung Musikleben, von „Live Music Now“ und der Studienstiftung des Deutschen Volkes. Er ist Akademist beim Konzerthausorchester Berlin.
stammt aus Seoul und studiert zur Zeit bei Julian Steckel in München und ist Akademistin beim Konzerthausorchester Berlin. Die Preisträgerin des Internationalen Osaka Musikwettbewerbs trat mit verschiedenen Orchestern in ihrer Heimat auf und war unter anderem Teilnehmerin der Internationalen Mozarteum Sommerakademie. Seit 2021 ist sie Stipendiatin von „Yehudi Menuhin Live Music Now".
Nach etwas ruhigeren Tagen nach Weihnachten hat die Saison wieder voll an Fahrt aufgenommen. Unser langsamer Aufzug natürlich nicht. An dessen Tempo könnten auch neun unserer Cellisten und Cellistinnen nicht drehen, die am 30. Januar mit unserem Artist in Residence, Cellist Sheku Kanneh-Mason, oben im Kleinen Saal zum Konzert verabredet sind. Also bloß frühzeitig unten starten! Wir sind mit den Cellistinnen Viola Bayer und Nerina Mancini schon mal vorgefahren.
Was ist schöner als ein Cello? 10 Celli im Ensemble, wenn unsere Cellogruppe gemeinsam mit Artist in Residence Sheku Kanneh-Mason ein Konzert gibt! Außerdem ist der junge Cellist wieder als Solist beim KHO zu hören – mit Schostakowitschs Cellokonzert Nr. 1.
Hier schon einmal 11 erstaunliche Fakten rund um dieses wunderbare Instrument, in dessen Kantilene wohl jeder schon einmal geschwelgt hat.