15.00 Uhr
Expeditionskonzert mit Joana Mallwitz
Das obligatorische Gruppenfoto haben wir vor der Anspielprobe in Nürnberg gemacht – alle sind an Bord und „spielfähig“. Unsere Tour steht offenbar in vielerlei Hinsicht unter einem guten Stern – und das nicht nur, weil die Konzerte alle ausverkauft sind!
Ein Instrument, das auf der Fahrt von Graz nach Nürnberg beim Umsteigen in Wien während des allgemeinen Großaufbruchs in der Gepäckablage liegen blieb, fuhr unversehrt bis Berlin weiter. Ein nachreisender Kollege konnte es gleich einsammeln, so dass es in Nürnberg wieder dabei war – zur riesigen Erleichtung der Besitzerin!
Ein Orchester auf Tournee ist ein eigener kleiner Kosmos, bei dem alles, was nicht mit Musizieren und der gemeinsamen Fortbewegung von Ort zu Ort zu tun hat, für kurze Zeit etwas ferner rückt. Das muss so sein, denn nur durch diese Konzentration entstehen wunderbare Konzerte. Die Welt aber steht natürlich nicht still und hat sich zwischendurch buchstäblich ins Blickfeld gedrängt: Beklommen und nachdenklich haben wir während der Fahrt durch Bayern an vielen Stellen auf die hohen Wasserständen der Donau und anderer Flüsse geblickt. Wenn man wie wir nur in Form reichlich verspäteter Züge betroffen ist, hat man wirklich Glück gehabt.
Fünf Jahre lang war unsere Chefdirigentin Generalmusikdirektorin der Oper Nürnberg, wurde für ihre Interpretationen gefeiert, für ihre Energie bewundert und von den Nürnbergerinnen und Nürnbergern sehr ins Herz geschlossen. Uns hat sie beim gemeinsamen Abendessen berichtet, dass sie in dieser Zeit fränkische „Schäufele“ zu schätzen gelernt hat – die standen aus diesem Anlass natürlich auf dem Programm aka Menü.
Wir sind also mit großem Sympathievorschuss in unser Konzert in der Meistersingerhalle gestartet und haben gemeinsam mit Violinsolist Augustin Hadelich ein Konzert gespielt, das das Nürnberger Publikum vollends überzeugt hat, dass Joana Mallwitz bei uns in sehr guten Händen ist!
Wer eine Tournee plant, muss viele Interessen berücksichtigen. Das fängt mit einem möglichst geringen ökologischen Fußabdruck an und hört mit der idealen Zeit zwischen Ende der Anspielprobe und Beginn des Konzerts nicht auf. Orchesterdirektor Ulf Werner hat damit viele Jahre Erfahrung und weiß: Im Leben und auf Tournee ist nicht alles planbar – aber vieles.
„Grundsätzlich geht es immer darum, Strecken zwischen Auftrittsorten in zumutbarer Zeit zu bewältigen. Nicht nur die Musikerinnen und Musiker müssen von A nach B, sondern auch unser Instrumenten-LKW, der außer bei Fernzielen die ganze Zeit mitfährt. Wenn wir fliegen, um Reisezeiten zumutbar zu halten, wird es für ihn am Boden manchmal sehr knapp. Da darf dann nichts schief gehen. Die Alternative wäre, einen Konzertort nicht in die Tournee aufzunehmen, aber so etwas ist immer schade.
Sowohl die Logistik als auch die Kosten einer Orchestertournee sind ein großes Puzzle. Gerade bei längeren Reisen und solchen, die weiter weg führen, wie zum Beispiel nach Japan, arbeiten wir mit Agenturen vor Ort zusammen, die uns einen Ablaufplan zusammenstellen und auch die Buchungen übernehmen. Wenn wir wie bei unserer aktuellen Tournee selbst planen, müssen wir im Auge behalten, welche Reisealternativen es an einem Tag möglichst auch spontan gibt. Wer im komplett überfüllten Zug stehend dem Konzertabend entgegenreist, hat später auf der Bühne keine Kraft mehr für ein gutes Konzert.“
Orchesterdirektor Ulf Werner (links) hat nicht nur diese, sondern auch viele andere Tournee und Gastspiele des Konzerthausorchesters geplant. Auf dieser Reise unterstützen ihn Joana Mallwitz' Assistent Hans Brauß und Orchestermanagerin Sophia Berendt.
Ein paar Stunden freie Zeit, und schon ist ein Orchester wie neu geboren! Für manche gehören Laufschuhe und Sportkleidung in jeden Tourneekoffer. Andere sind froh über die Möglichkeit, sich auf die Konzerte der nächsten Woche vorbereiten zu können – ein Mozart-Programm mit François Leleux am Pult und ein anspruchsvolles Konzerthaus Kammerorchester-Programm, unter anderem mit einem Werk von Bartók. Viele aber nehmen sich doch gern ein bisschen Zeit für die historische Stadt Nürnberg mit ihren bekannten und versteckten Sehenswürdigkeiten.
Mit Geigerin Jana Krämer-Forster sind wir auf buckligen Gassen zwischen echtem und wieder aufgebautem Mittelalter gewandert, haben Schrebergärten voller Rosen und Lavendel im Schatten der Stadtmauer entdeckt und im Traditionsgeschäft „Madlon Scharff“ Kräuter und Gewürze aus hölzernen Kontorschubladen gekauft. Beim Blick in die Lorenzkirche mit dem berühmten lichten Hallenchor werden wir angesprochen: Anne, eine US-Amerikanerin, betreut den Verkaufsstand mit Kerzen, Postkarten und Souvenirs am Eingang. Sie hat unseren Konzerthaus Berlin-Beutel entdeckt und outet sich als großer Fan unserer Chefdirigentin aus deren Nürnberger Zeit: „Ich habe seit vielen Jahren ein Opernabo. Wir alle hier vermissen Frau Mallwitz sehr und wünschen ihr weiterhin ganz viel Glück in Berlin!“
Am Freitag geht es per Bus weiter zu unserer vierten und letzten Tournee-Station Mannheim, wo wir abends auftreten.