15.00 Uhr
Expeditionskonzert mit Joana Mallwitz
Egal, ob 4 Stunden Anreise oder 17, Bahn, Bus oder Flugzeug, Köln oder Tokio, drei Tage oder drei Wochen, Sommer oder Winter – Orchestertourneen laufen (glücklicherweise) immer nach einer gut eingeübten „Choreographie“ ab, die dafür sorgt, dass abends alle so stressfrei wie möglich auf der Bühne sitzen und herrliche Musik spielen können.
Am Samstagmorgen ging es von Berlin Hbf nach Köln – allerdings nur für die Musikerinnen und Musiker. Für den Koordinierenden Orchesterwart Dirk Beyer und seine Kollegen Gregor Beyer und Raphael Volkmer sowie die größeren Instrumente begann die Tournee schon einen Tag eher: Freitagmittag pünktlich um 12 ging am Konzerthaus die Klappe des Begleitlastwagens hinter Cellokästen, fahrbaren Garderobenschränken, Geigenkisten, Pauken und allerlei Zubehör für den Auftritt hoch. Auch die Orchesterwarte machen sich fast immer schon am Vortag auf den Weg, denn an jedem Spielort sind Wege und Arbeitsabläufe etwas anders. Und gerade diese Details würden ohne die Vorbereitung unsere drei Stage Manager haken und uns das Leben schwer machen!
Für Orchestermanagerin Sophia Berendt war natürlich schon die gesamte Woche Hochbetrieb: Sind alle Mitwirkenden gesund – wenn nicht, wer wird nachbesetzt? Gibt es Änderungen bei den Zügen, klappt alles mit den lange im Voraus gebuchten Hotels? Dieses Mal sind 65 Musiker & Musikerinnen glücklich und so gut wie pünktlich am Nachmittag neben dem Kölner Dom ausgestiegen,
Zwei Stunden für Einchecken im Hotel, kurzes Ausruhen und die individuelle Klärung der gerade auf Tournee ewig wichtigen Frage „Wo gibt es hier was (Gutes) zu essen?“
Dann ist es auch schon Zeit, zur Anspielprobe in die Philharmonie aufzubrechen. Der lässt sich dann sogar zu Fuß bewältigen.
Tournee-Alltag, das heißt auch: Immer wieder Schlange stehen, warten, einspielen – und rasch ein Automatenkaffee zwischendurch hinter der Bühne. Hier ein paar Eindrücke vom ersten und vom Morgen am zweiten Tag, fotografiert von Solo-Klarinettist Ralf Forster.
An jedem Ort machen wir vor dem Konzert eine Anspielprobe, denn „jeder Saal hat eine eigene Atmosphäre, die man schon beim Reinkommen spürt. Das meine ich nicht esoterisch, sondern physikalisch", erzählt Solo-Klarinettist Ralf Forster kurz nach 19 Uhr. Die Anspielprobe ist gelaufen, die Orchestermitglieder sind gut gelaunt zwischen professioneller Gelassenheit und freudiger Anspannung. „An anderen Orten zu spielen, ist immer gut für die musikalische Flexibilität“, ergänzt Ralf. Und Klarinettenkollege Norbert Möller schwärmt: „Meine Vorfreude auf diesen Saal ist riesig – insbesondere darauf, Augustin Hadelichs Brahms mit dem Publikum teilen zu können! Das ist so, wie wenn ich wandern gehe, eine wunderbare Landschaft fotografiere und mich darauf freue, sie anderen zu zeigen.“
Letzte Vorbereitungen im Gastsaal: Joana Mallwitz bespricht mit Orchesterwart Dirk Beyer kleine Veränderungen der Sitzpositionen. Solo-Flötist im Probejahr Yuan Yu und Trompeter Stephan Stadtfeld erproben die Akustik. (Fotos: Norbert Möller)
Die sensiblen Anpassungen an die akustischen Gegebenheiten in der Kölner Philharmonie haben das Kölner Publikum dann auch deutlich hörbar überzeugt: Schon nach der ersten Hälfte mit Augustin Hadelichs Brahms-Interpretation hielt es viele nicht auf den Sitzen, und nach Beethovens „Eroica“ gab's fürs Konzerthausorchester und Joana Mallwitz erneut riesigen Applaus. Ihren Blumenstrauss reichte die Chefdirigentin am Ende gleich weiter an Szilvia Pápai für ihre wunderbaren Oboensoli in beiden Stücken des Abends! (Fotos: Suxiao Yang)
Egal, wo wir hinfahren, für irgendwen ist's immer ein Heimspiel! JaeWon Song stammt zwar aus Seoul, ihre erste und durchaus prägende Begegnung mit Deutschland aber war Köln – dort hat sie studiert und danach zwei Jahren mit einem Zeitvertrag im Gürzenich Orchester gespielt. „Diese Zeit kommt wieder, wenn ich die Luft in der Kölner Philharmonie einatme. Ich habe viele gute Erinnerungen an diesen Konzertsaal", erzählt sie uns hinter der Bühne. "Und die Leute hier sind sehr freundlich."
Und wie war das für sie mit dem Karneval? „Die ersten beiden Jahre habe ich mitgefeiert, aber dann habe ich mal ausgesetzt." Darüber, dass sie sich ausgerechnet nach Mainz zu einer Freundin flüchten wollte, muss sie heute lachen – inzwischen weiß sie, wo gefeiert wird und wo nicht. Und vermisst das närrische Treiben in Berlin manchmal sogar noch viele Jahre später. Auch interessant: Sprachliche Regionalismen in Deutschland! „In Köln habe ich in der Bäckerei immer einen Berliner bestellt, in Berlin hat man mir ganz typisch gesagt 'Dit jibs hier nicht!' Dabei lagen dort viele in der Auslage. Dass sie ‚Pfannkuchen' genannt werden, haben sie mir natürlich nicht sofort verraten." Heute hat JaeWon durch eine längere Zeit in München auch die Bezeichnung „Krapfen“ im Wortschatz : )
Und wie geht es weiter? Am Sonntag sind wir von morgens bis nachmittags nach Graz unterwegs. Dort spielen wir die nächsten beiden Konzerte Montag- und Dienstagabend.