Akademie für Alte Musik

von Dr. Bernhard Schrammek 23. Januar 2025

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Inhalt

Akademie für Alte Musik Berlin

Voces Suaves
Georg Kallweit  Konzertmeister

Johann Samuel Drese (1644 – 1716)
„Gott ist unser Zuversicht und Stärke“
 

Johann Pachelbel (1653 – 1706)
Partie für Violine, zwei Violen und Basso continuo G-Dur
Sonatina – Allamana – Gavott – Courant – Aria – Sarabandt – Gigue – Finale
 

Johann Michael Bach (1648 – 1694)
„Sei, lieber Tag, willkommen“
 

Adam Drese (1620 – 1701)
„Nun ist alles überwunden“
 

Johann Georg Ahle (1651 – 1706)
„Wer gnädig wird beschützet“
 

Georg Christoph Strattner (um 1644 – 1704)
„Die Welt, das ungestüme Meer“


PAUSE


Dieterich Buxtehude (um 1637 – 1707)
„Jesus, meines Lebens Leben“ BuxWV 62
 

Johann Christoph Bach (1642 – 1703)
„Fürchte dich nicht“
 

Johann Schelle (1648 – 1701)
„Barmherzig und gnädig ist der Herr“
 

Johann Pachelbel (1653 – 1706)
Partie IV e-Moll
aus „Musicalische Ergötzung“

Adagio – Aria – Courant – Aria – Ciacona
 

Johann Sebastian Bach (1685 – 1750)
„Der Geist hilft unserer Schwachheit auf“ – Motette BWV 226

Bachs Wurzeln

Die überragende Bedeutung von Johann Sebastian Bach für die europäische Musikgeschichte des 18. Jahrhunderts ist unbestritten. Vor allem auf den Gebieten der geistlichen Vokalmusik, der Orchester- und Kammermusik sowie der Musik für Tasteninstrumente schuf er Kompositionen von unschätzbarer Qualität und Komplexität, die nachfolgenden Musikergenerationen bis auf den heutigen Tag als (unerreichter) Maßstab gelten. – Doch woher bezog eigentlich Bach selbst als junger Mann seine musikalischen Inspirationen? Dieser Frage spüren das Vokalensemble Voces Suaves und die Akademie für Alte Musik Berlin am heutigen Abend nach und präsentieren wenig bekannte Werke des späten 17. und beginnenden 18. Jahrhunderts.

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Familienbande

Johann Sebastian Bach wurde hineingeboren in eine weit verzweigte Musikerfamilie. Über viele Jahrzehnte bekleideten die „Bache“ einflussreiche musikalische Ämter in weiten Teilen Mitteldeutschlands, vor allem im thüringischen Raum. Anstellungsmöglichkeiten für Musiker waren in dieser Region zuhauf vorhanden: Ein dichtes Netz von Fürstenhöfen überzog das Land, und die jeweiligen Regenten sahen eine Musikkapelle als wesentliches Repräsentationsobjekt an. Darüber hinaus beschäftigten kirchliche und städtische Einrichtungen Sänger, Instrumentalisten, Organisten und Kantoren in großer Zahl. Von diesen unterschiedlichen Institutionen wurde die reiche barocke Musikkultur in Mitteldeutschland getragen, Vertreter der Bach-Familie waren dabei kontinuierliche Garanten für hohe musikalische Qualität. Johann Sebastian Bach erhielt also seine erste musikalische Prägung unmittelbar aus der Familie, so von seinem Vater Johann Ambrosius, dem obersten Stadtmusiker in Eisenach, und vielen anderen Familienmitgliedern aus Erfurt, Arnstadt, Ohrdruf und weiteren Orten der Region.

Stammbaum der Familie Bach, kolorierte Zeichnung nach 1750

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Zwei Brüder aus Arnstadt

Eisenach um 1650, Kupferstich von Matthäus Merian

Eine hervorgehobene Bedeutung innerhalb der Bach-Familie hatten die aus Arnstadt stammenden Brüder Johann Christoph und Johann Michael Bach. Der ältere der beiden, Johann Christoph Bach, verließ 1665 seine Heimatstadt und wurde zum Organisten in der Stadtkirche St. Georgen in Eisenach ernannt. Dieses Amt übte er bis zu seinem Tod 1703 aus und verlieh in dieser Zeit dem Musikleben der Stadt seine ganz persönliche Handschrift. Johann Sebastian, 1685 in Eisenach geboren, mag von ihm seine ersten musikalischen Eindrücke an der großen Orgel der Georgenkirche erhalten haben. Johann Christoph Bachs Musik, darunter geistliche Konzerte und Orgelwerke, besticht durch eine außergewöhnliche Qualität und Expressivität. In der Motette „Fürchte dich nicht“ kombiniert er gleich drei textliche Ebenen miteinander: die Verheißung des Propheten Jesaja („Fürchte dich nicht“), die Worte Jesu an den neben ihm gekreuzigten Verbrecher („Heute wirst du mit mir im Paradies sein“) sowie – zeilenweise im Sopran dargeboten – einen Vers aus dem Choral „O Traurigkeit, o Herzeleid“.

Johann Christophs jüngerer Bruder Johann Michael Bach begann seine musikalische Laufbahn 1665 als Organist an der Arnstädter Schlosskirche. Acht Jahre später wechselte er in die thüringische Stadt Gehren, wo er fortan als Stadtorganist wirkte und zusätzlich das Verwaltungsamt des Stadtschreibers übernahm. Seine jüngste Tochter Maria Barbara wiederum heiratete 1707 ihren entfernten Vetter Johann Sebastian Bach. Einen madrigalesken Charakter besitzt Johann Michael Bachs Motette „Sei, lieber Tag, willkommen“, die für das Neujahrsfest bestimmt ist. In einem munteren Wechsel zwischen Hoch- und Tiefchor sind Freude und Dankbarkeit zu hören.

Musik am Weimarer Hof

Ein enger Kollege und Freund der Arnstädter Bach-Familie war Adam Drese. In den letzten beiden Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts hielt er sich als Kapellmeister in dieser Stadt auf, zuvor hatte er längere Zeit in gleicher Funktion am Weimarer Hof gewirkt. Seine Traueraria „Nun ist alles überwunden“ hat Adam Drese 1686 noch in Arnstadt anlässlich der Beisetzung einer Tochter des dortigen Bürgermeisters komponiert. Das Werk fasziniert mit seinem schlichten, würdigen Klangcharakter.

Mit großer Wahrscheinlichkeit war Adam Drese auch der Lehrer seines rund zwei Jahrzehnte jüngeren Vetters Johann Samuel Drese. Dieser aus Weimar stammende Komponist blieb seiner Heimatstadt treu und wurde 1683 zum neuen Kapellmeister am Hof Sachsen-Weimar ernannt. Mit großem Einsatz gelang es Drese, die Hofkapelle personell auszubauen, er engagierte in seiner Amtszeit unter anderem den ehemaligen Dresdner Hofgeiger Johann Paul von Westhoff und auch Johann Sebastian Bach, der 1703 für etwa sechs Monate als „Lakai“ sowie ab 1708 als Hoforganist am Musikbetrieb des Weimarer Hofes mitgewirkt hat. Leider sind von Johann Samuel Drese nur spärlich Kompositionen überliefert, was vor allem mit dem verheerenden Schlossbrand in Weimar 1774 zusammenhängen mag. Lediglich zwei Kantaten Dreses sind durch glückliche Umstände erhalten geblieben, darunter das Werk „Gott ist unser Zuversicht und Stärke“. Es handelt sich um eine Vertonung des Psalms 46 für vier Vokalstimmen, vier Streicher und Basso continuo. Der barocken Affektenlehre folgend, setzt Drese einige plastische Textstellen besonders bildhaft in Musik um, so etwa das Wüten des Meeres oder das Verbrennen der Wagen.

Zu den unter Johann Samuel Drese in Weimar beschäftigten Musikern gehörte auch Georg Christoph Strattner. Ausgebildet in Pressburg, gelangte er nach Kapellmeisterstationen am Hof von Baden-Durlach und an der Barfüßerkirche zu Frankfurt am Main 1694 nach Thüringen und wurde in Weimar zunächst als Tenor und Kanzleimitarbeiter eingestellt. Schon ein Jahr später stieg er zum Vizekapellmeister auf und behielt diesen Posten bis zu seinem Tod. Wie zwei Jahrzehnte später Johann Sebastian Bach war auch Strattner dazu verpflichtet, zu jedem vierten Sonntag eine neue Kirchenkantate für den höfischen Gottesdienst zu komponieren. Als 1697 in Weimar ein Opernhaus eröffnet wurde, übernahm Strattner dort – parallel zu seinen umfangreichen höfischen Aufgaben – noch die Position des Musikdirektors. Ob er sich auch mit Kompositionen an der Weimarer Bühne hervorgetan hat, ist aufgrund mangelnder Quellen nicht mehr zu klären, das geistliche Konzert „Die Welt, das ungestüme Meer“ zeigt allerdings durchaus bühnenreife dramatische Qualitäten.

Residenzstadt Weimar mit Schloss um 1650, Kupferstich von Matthäus Merian

Mitteldeutsche Vorgänger

Der aus Nürnberg stammende Johann Pachelbel hielt sich Ende des 17. Jahrhunderts längere Zeit in Mitteldeutschland auf und wirkte dabei als Organist in Eisenach, Erfurt und Gotha. Auf diese Weise kam er – unvermeidlich – in engen Kontakt mit der Bach-Familie, unter anderem als Lehrer von Johann Sebastian Bachs älterem Bruder Johann Christoph. 1695 kehrte Pachelbel dann in seine Geburtsstadt Nürnberg zurück und übernahm das Organistenamt an der Sebalduskirche. Dort komponierte er neben Kantaten, Magnificat-Kompositionen und Orgelwerken auch instrumentale Kammermusik. Um 1700 veröffentlichte er in der Sammlung „Musikalische Ergötzung“ sechs „Partien“ für zwei Violinen und Basso continuo. Die instrumentale Besonderheit der Stücke besteht darin, dass die beiden Geigen in Skordatur, also mit veränderter Grundstimmung, spielen.

1707 erhielt Johann Sebastian Bach die Organistenstelle an der Blasiuskirche in Mühlhausen. Sein unmittelbarer Amtsvorgänger dort war Johann Georg Ahle, der dieses angesehene Amt 1673 von seinem Vater Johann Rudolph übernommen hatte. Leider sind von Ahle junior kaum musikalische Quellen erhalten geblieben. Eine der wenigen Ausnahmen ist das geistliche Konzert „Wer gnädig wird beschützet“, das 1682 anlässlich der jährlichen Ratswahl entstanden ist.

Einer von Bachs Vorgängern im Amt des Leipziger Thomaskantors schließlich war Johann Schelle. Ausgebildet am Dresdner Hof noch unter der Leitung von Heinrich Schütz, gelangte Schelle zum Studium nach Leipzig und wurde 1677 zum Thomaskantor ernannt. Mit seinen neuartigen Kantatenzyklen sowie seinen geistlichen Konzerten erweiterte Schelle das gottesdienstliche Repertoire des Chores erheblich. Das geistliche Konzert „Barmherzig und gnädig ist der Herr“ beruht textlich auf Versen aus Psalm 103. Der Gesang der Vokalstimmen wird in dem Stück von einem dichten, fünfstimmigen Instrumentalsatz begleitet.

„Buxtehude behorchen“

Einen Fußmarsch von rund 400 km nahm der junge Arnstädter Organist Johann Sebastian Bach 1705 in Kauf, um in Lübeck „den berühmten Organisten an der Marienkirche Dieterich Buxtehude zu behorchen.“ Die gewagte Bildungsreise in den Norden kostete Bach wegen eigenmächtiger Urlaubsüberschreitung zwar fast das Amt, für seine künstlerische Entwicklung war sie aber von höchster Bedeutung, denn Buxtehude war zu dieser Zeit zweifellos der führende unter den norddeutschen Komponisten. In Lübeck erfüllte er praktisch das Amt eines städtischen Musikdirektors: Er spielte Orgel in der Marienkirche, leitete Vokalensembles und organisierte Konzertreihen. Hinterlassen hat er eine große Anzahl von geistlichen Werken, die ein Höchstmaß an affektvoller Gestaltung aufweisen. Das geistliche Konzert „Jesu, meines Lebens Leben“ beruht auf einem Ostinato, also einem stets sich wiederholenden harmonischen Muster, über das Vokal- und Instrumentalstimmen verschiedenste Variationen vollführen.

Bachs Motette

Zu den Verpflichtungen von Johann Sebastian Bach als Thomaskantor in Leipzig gehörte auch die musikalische Begleitung von Begräbnissen angesehener Leipziger Bürger. Das Kernrepertoire dieser Trauerfeiern bildeten A-cappella-Werke, darunter mit hoher Wahrscheinlichkeit auch Bachs eigene Motetten. Ganz sicher belegt ist dies für die doppelchörige Motette „Der Geist hilft unser Schwachheit auf“ (BWV 226). Sie erklang erstmals im Oktober 1729 im Rahmen der Begräbnisfeierlichkeiten für den Leipziger Thomasschulrektor und Universitätsprofessor Johann Heinrich Ernesti. Im umfangreichen Hauptteil des Werkes vertonte Bach den entsprechenden Predigttext aus dem 8. Kapitel des Römerbriefes und fügte am Schluss einen Satz der dritten Strophe des Pfingstchorales „Komm, heiliger Geist, Herre Gott“ hinzu.

Anfang der Motette BWV 226 in Johann Sebastian Bachs Autograph

  • Die Liedtexte

    Johann Samuel Drese
    „Gott ist unser Zuversicht und Stärke“ [Psalm 46, 2-12]

    Gott ist unser Zuversicht und Stärke,
    eine Hülfe in großen Nöten, die uns troffen haben.
    Darumb fürchten wir uns nicht,
    wenngleich die Welt unterginge
    und die Berge mitten ins Meer sinken,
    wenngleich das Meer wütet und wallet
    und von seinem Ungestüm die Berge einfielen.
    Sela.

    Dennoch soll die Stadt Gottes fein lustig bleiben mit ihren Brünnlein,
    da die heiligen Wohnungen des Höchsten sind.
    Gott ist bei ihr drinnen, darumb wird sie wohl bleiben;
    Gott hilft ihr früh.
    Die Heiden müssen verzagen und die Königreiche fallen,
    das Erdreich muss vergehen, wenn er sich hören lässt.
    Der Herr Zebaoth ist mit uns,
    der Gott Jacob ist unser Schutz.
    Sela.

    Kommt her und schauet die Werke des Herren,
    der auf Erden solch Zerstören anrichtet.
    Der den Kriegen steuret in aller Welt, der Bogen zubricht,
    Spieße zuschläget und Wagen mit Feuer verbrennet.
    Seid stille und erkennet, dass ich Gott bin!
    Ich will Ehre einlegen unter den Heiden,
    ich will Ehre einlegen auf Erden.
    Der Herr Zebaoth ist mit uns,
    der Gott Jacob ist unser Schutz.
    Sela.


    Johann Michael Bach
    „Sei, lieber Tag, willkommen“ [Psalm 46, 2-12]

    Sei, lieber Tag, willkommen,
    willkommen sei du heut!
    Heut freuen sich die Frommen,
    die Frommen, die allzeit,
    allzeit den großen Gott,
    Gott, ihren Schöpfer, loben,
    ihn loben hoch dort oben,
    erlöst aus aller Not.

    Denn an dem Tage brachte
    der liebste Gottessohn,
    was Freude bei uns machte,
    aus seinem Himmelsthron:
    Ein schönes neues Jahr,
    Glück, Heil und allen Segen
    zu Wegen und zu Stegen
    der ganzen Christenschar!

    Drum kommt, ihr Christenbrüder,
    kommt her an diesem Tag,
    kommt, fallt für Jesu nieder,
    damit es euch behag!
    Kommt, dankt und bittet ihn,
    dass er in diesem Jahre
    euch väterlich bewahre
    und tue wie vorhin!

    Lasst eure Stimmen hören,
    lasst klingen Saiten drein,
    lobt ihn mit vollen Chören,
    lasst alles fröhlich sein!
    Singt, singet eurem Gott,
    singt, lobet, danket, betet,
    vor euren Jesu tretet,
    er schützt vor Not und Tod!


    Adam Drese
    „Nun ist alles überwunden“

    Nun ist alles überwunden,
    meine Liebsten, weinet nicht!
    Aller Jammer ist verschwunden,
    ob des Lebens Feldhaus bricht.
    Ist mein Geist doch aufgenommen  
    in das Himmelshaus der Frommen,
    wo nur Leben, Lust und Pracht.
    Welt, Ade zu guter Nacht.

    Nunmehr spür ich keine Mängel,
    Jesus ist mein Schatz, mein Glanz,
    meine Führer sind die Engel,
    Ewigkeit mein Hochzeitskranz!
    Und der Himmel, den ich habe,
    ist nun meine Morgengabe!
    Weg, Du eitler Erden Pracht!
    Welt, Ade zu guter Nacht.

    Gute Nacht, du Rauch der Zeiten,
    der mir so zuwider war.
    Nun will ich das Lamm begleiten,
    mit der reinsten Engelschar.
    Wo die Lebensquellen fließen,
    will ich ewig Lust genießen,
    ob mir gleich mein Herz verschmacht.
    Welt, Ade zu guter Nacht.

    Nun, ihr Liebsten, seid zufrieden,
    mindert euer Herzeleid!
    Wir sind ewig nicht geschieden,
    denket an die Seligkeit!
    Streitet, so wie ich gestritten,
    folgt mir nach mit Herzensschritten!
    Lebet wohl, es ist vollbracht!
    Welt, Ade zu guter Nacht.


    Johann Georg Ahle
    „Wer gnädig wird beschützet“

    Wer gnädig wird beschützet
    vom Höchsten Tag und Nacht
    und unter’m Schatten sitzet
    des‘, der so groß von Macht,
    derselbe spricht zu Gott:
    Mein Hort, dem ich vertraue,
    mein Fels, auf den ich baue,
    bist Du, Herr Zebaoth.

    Denn er wird dich vom Stricke
    des Jägers machen frei
    und dir in Ungelücke
    und Pestzeit stehen bei.
    Wie eine Henne tut,
    so wird Er dich verstecken
    und mit den Flügeln decken,
    da man ganz sicher ruht.

    Sein Wort, das wird dich hegen,
    gleich als ein Schirm und Schild,
    dass dich nicht mag bewegen,
    was blitzt, was tobt und brüllt.
    Dass dich nicht schrecken mag
    der blinden Nächte grausen,
    noch gift’ger Pfeile sausen,
    die fliegen durch den Tag.

    Die Pest wird dich nicht plagen,
    die in dem finstern schleicht,
    die Seuche dich nicht schlagen,
    die im Mittag umstreicht.
    Ob tausend untergeh’n,
    und zehentausend sinken
    zu deiner recht‘ und linken,
    wirst du doch frei besteh’n.

    Ja du wirst seh’n mit Freuden,
    mit Herz- und Augenlust,
    was die Gottlosen leiden
    um ihrer Sündenwust.
    Denn deine Zuversicht,
    der Herr, dem du dein Leben
    hast gänzlich übergeben,
    verlässt dich nimmer nicht.

    Kein Übel wird sich nahen
    zu deinem Haus und dir,
    kein Weh wird dich umpfahen,
    kein Leid dir stossen für.
    Denn seiner Engel Schar
    muss dich auf deinen Wegen,
    wie er befohlen, hegen
    und schützen immerdar.

    Sie werden aller Enden,
    wo Stöck‘ und Steine sein,
    dich tragen auf den Händen
    und deinen Fuss befrei’n.
    Du wirst auf Ottern gehen
    und ohne Furcht und Scheuen
    auf alt‘ und jungen Leuen
    und grimmen Drachen steh’n.

    Denn weil er mein begehret,
    spricht selbst Gott Zebaoth,
    so wird ihm auch gewähret
    mein Beistand in der Not.
    Mein Nam‘ ist ihm bekannt,
    drum will ich ihn beschirmen
    für aller Feinde Stürmen
    mit meiner starken Hand.

    Ich will sein Rufen hören
    und ihn aus Nöten zieh’n,
    und zieren dann mit Ehren,
    dass er soll herrlich blüh’n.
    Ich will ihn ohne Leid
    gar lange lassen leben,
    und ihm mein Heil darneben
    erzeigen jederzeit.


    Georg Christoph Strattner
    „Die Welt, das ungestüme Meer“

    Die Welt, das ungestüme Meer,
    mich trägt und schläget hin und her
    auf ihren wilden Wellen,
    die blähen sich
    und ängsten mich,
    ich bin nah bei der Höllen.

    Mein Leib, der Seelen schwachen Kahn,
    von Wasserwogen um und an
    belägert und bestritten,
    will sinken fast,
    das Herz, der Mast,
    will brechen in der Mitten.

    Ich irr’ herum in dunkler Nacht,
    von schwarzer Trübsal trüb gemacht,
    kann keine Anfurt finden.
    Wo soll ich hin?
    Ohn’ Trost ich bin
    verschlagen von den Winden.

    Wo bist du, Jesu, o mein Licht?
    Ach lass mein nasses Angesicht
    erblicken dich von Fernen.
    Durch deinen Schein
    kann ich allein
    der Not entfahren lernen.

    Mein treuer Hort, du bist schon hier,
    nur eine Wolke schwebt vor dir,
    dass ich dich nicht kann sehen.
    Tu weg die Deck’,
    dich nicht versteck,
    sonst ist’s umb mich geschehen.

    Du bist schon hier, doch schläfest du.
    Wach auf! Wiltu dann geben zu,
    dass ich verderb in Nöten?
    Was ist an mir,
    das diene dir,
    im Fall du mich wirst töten?

    Wach auf, bedrohe Meer und Wind,
    dazu das freche Höll’gesind,
    dass keins mir könne schaden.
    Du bist der Mann,
    der helfen kann,
    ich warte deiner Gnaden.

    Schein mir, o Licht, dir nachzugeh’n,
    mein Glaubensaug’ lass dich erseh’n,
    so kann ich froh erringen,
    den sichern Port,
    dir an dem Ort
    ein Anfurtliedgen singen.
     

    Dieterich Buxtehude
    „Jesu, meines Lebens Leben“ [Ernst Christoph Homburg, 1659]    
    Jesu, meines Lebens Leben,
    Jesu, meines Todes Tod,
    der du dich vor mich gegeben
    in die tiefste Seelennot,
    in das äußerste Verderben,
    nur dass ich nicht möchte sterben;
    tausendmal sei dir,
    liebster Jesu, Dank dafür.

    Du, ach! du hast ausgestanden
    Lästerreden, Spott und Hohn,
    Speichel, Schläge, Strick und Banden,
    du gerechter Gottessohn,
    nur mich Armen zu erretten
    von des Teufels Sündenketten;
    tausendmal sei dir,
    liebster Jesu, Dank dafür.

    Du hast lassen Wunden schlagen,
    dich erbärmlich richten zu,
    um zu heilen meine Plagen,
    um zu setzen mich in Ruh,
    ach, du hast zu meinem Segen
    lassen dich mit Fluch belegen;
    tausendmal sei dir,
    liebster Jesu, Dank dafür.

    Man hat dich sehr hart verhöhnet,
    dich mit großem Schimpf belegt,
    gar mit Dornen angekrönet,
    was hat dich dazu bewegt,
    dass du möchtest mich ergötzen,
    mir die Ehrenkron aufsetzen;
    tausendmal sei dir,
    liebster Jesu, Dank dafür.

    Ich, ich danke dir von Herzen
    Jesu, vor gesamte Not,
    vor die Wunden, vor die Schmerzen,
    vor den herben, bittern Tod,
    vor dein Zittern, vor dein Zagen,
    vor dein tausendfaches Plagen;
    tausendmal sei dir,
    liebster Jesu, Dank dafür.
    Amen.


    Johann Christoph Bach
    „Fürchte dich nicht“

    Fürchte dich nicht, denn ich hab dich erlöst,
    ich hab dich bei deinem Namen gerufen:
    Du bist mein.
    Wahrlich ich sage dir:
    Heute wirst du mit mir im Paradies sein.

    O Jesu du mein Hilf und Ruh,
    ich bitte dich mit Tränen:
    Hilf, dass ich mich bis ins Grab
    nach dir möge sehnen.


    Johann Schelle
    „Barmherzig und gnädig ist der Herr“ [Psalm 103, 8-13]

    Barmherzig und gnädig ist der Herr,
    geduldig und von großer Güte.
    Er wird nicht immer hadern
    noch ewiglich Zorn halten.
    Er handelt nicht mit uns nach unsern Sünden
    und vergilt uns nicht nach unser Missetat.
    Denn so hoch der Himmel über der Erden ist,
    lässet er seine Gnade walten über die, so ihn fürchten.
    So fern der Morgen vom Abend ist,
    lässet er unsre Übertretung von uns sein.
    Wie sich ein Vater über Kinder erbarmet,
    so erbarmet sich der Herr über die, so ihn fürchten.


    Johann Sebastian Bach                    
    „Der Geist hilft unser Schwachheit auf“

    Der Geist hilft unser Schwachheit auf,
    denn wir wissen nicht, was wir beten sollen,
    wie sich’s gebühret;
    sondern der Geist selbst vertritt uns aufs Beste
    mit unaussprechlichem Seufzen.
    [Röm. 8:26]

    Der aber die Herzen forschet, der weiß,
    was des Geistes Sinn sei;
    denn er vertritt die Heiligen nach dem,
    das Gott gefället.
    [Röm. 8:27]

    Du Heilige Brunst, süßer Trost,
    nun hilf uns, fröhlich und getrost
    in deinem Dienst beständig bleiben,
    die Trübsal uns nicht abtreiben.
    O Herr, durch dein Kraft uns bereit
    und stärk des Fleisches Blödigkeit,
    dass wir hie ritterlich ringen,
    Durch Tod und Leben zu dir dringen.
    Alleluja.
    [Martin Luther, 1524, Strophe 3 „Komm heiliger Geist, Herre Gott“]

     

Akademie für Alte Musik Berlin

1982 in Berlin gegründet, gehört die Akademie für Alte Musik Berlin (kurz „Akamus“) heute zur Weltspitze der historisch informiert spielenden Kammerorchester.

Seit mehr als vier Jahrzehnten beweist das Orchester immer wieder seine Wandlungsfähigkeit mit aufregenden Konzertprojekten und musikalischen Entdeckungsreisen. So leistete „Akamus“ Wesentliches für die Wiederentdeckung der Musik Carl Philipp Emanuel Bachs und Georg Philipp Telemanns. Konsequent und wohl überlegt hat das Ensemble sein Kernrepertoire in Barock und Klassik nach und nach bis ins 19. Jahrhundert ausgeweitet, so jüngst mit seinem vielbeachteten Zyklus „Beethovens Sinfonien und ihre Vorbilder“.

Im Kulturleben seiner Heimatstadt Berlin ist Akamus ein zentraler Pfeiler. Seit über 35 Jahren gestaltet das Orchester eine Abonnement-Reihe im Konzerthaus Berlin, seit 1994 widmet es sich an der Berliner Staatoper regelmäßig der Barockoper. Mit dem RIAS-Kammerchor besteht seit 1992 eine kontinuierliche und erfolgreiche Zusammenarbeit. Mit einer eigenen Konzertreihe ist die Akademie für Alte Musik seit 2012 zudem regelmäßig im Münchner Prinzregententheater zu Gast. Zugleich sind die Musikerinnen und Musiker ständiger und vielgefragter Gast auf den wichtigsten europäischen und internationalen Konzertpodien.

Das Ensemble musiziert unter der wechselnden Leitung seiner Konzertmeister Bernhard Forck und Georg Kallweit sowie ausgewählter Dirigenten. Mit René Jacobs verbindet es eine über 30-jährige künstlerische Partnerschaft. Darüber hinaus leiteten in jüngster Zeit Emmanuelle Haim, Bernard Labadie, Paul Agnew, Diego Fasolis, Fabio Biondi, Rinaldo Alessandrini und Christophe Rousset das Orchester. Regelmäßig arbeitet Akamus zudem mit Solisten wie Isabelle Faust, Antoine Tamestit, Kit Armstrong, Alexander Melnikov, Anna Prohaska, Michael Volle oder Bejun Mehta zusammen. Gemeinsam mit der Tanzcompagnie Sasha Waltz & Guests entstand die Erfolgsproduktion von Henry Purcells „Dido & Aeneas“, die weltweit eine Vielzahl an Aufführungen von Berlin bis Sydney erlebte.

Aufnahmen des Ensembles wurden mit allen bedeutenden Schallplattenpreisen ausgezeichnet, darunter der Grammy Award, Diapason d'Or, Gramophone Award, sowie der Jahrespreis der deutschen Schallplattenkritik. Zuletzt erschienen auf CD vier Sinfonien und das Oboen- und Klarinettenkonzert von Wolfgang Amadeus Mozart mit Xenia Löffler und Ernst Schlader, sowie jüngst zusammen mit Voces Suaves die CD „Bachs Wurzeln“ mit Kompositionen deutscher Komponisten vor Johann Sebastian Bach.

Besetzung

Georg Kallweit Violine & Konzertmeister
Yves Ytier Violine
Kerstin Erben Violine
Barbara Halfter Violine
Clemens-Maria Nuszbaumer Viola
Monika Grimm Viola
Jan Freiheit Viola da Gamba
Annette Rheinfurth Violone in G
Clemens Flick Cembalo/Orgel
Christian Beuse Fagott
Sam Chapman Laute

Voces Suaves

Das Basler Vokalensemble pflegt die historisch informierte Aufführung von Musik der Renaissance und des Barock in solistischer Besetzung. Das 2012 von Tobias Wicky gegründete Ensemble besteht aus einem Kern von acht professionellen Sängerinnen und Sängern, von denen die meisten einen Bezug zur Schola Cantorum Basiliensis haben. Seit 2016 arbeiten die Ensemblemitglieder ohne einen festen musikalischen Leiter und erarbeiten ihre Programme im Kollektiv. So ist der Gestaltungswille jedes einzelnen Mitglieds gefordert, und alle tragen gleichermaßen die künstlerische Verantwortung. Die Besetzung variiert je nach Programm. Bei Bedarf werden Instrumentalisten hinzugezogen.

Voces Suaves beschäftigt sich schwerpunktmässig mit der Vokalmusik des deutschen Frühbarocks sowie mit dem reichen Schatz der italienischen Madrigaltradition. Größer besetzte italienische Oratorien und Messen bilden einen weiteren Repertoireschwerpunkt. Neben den Werken von Komponisten wie Claudio Monteverdi oder Heinrich Schütz führt das Ensemble auch Kompositionen von heute wenig bekannten Meistern wie Stefano Bernardi, Giaches De Wert oder Giovanni Croce auf.

Einladungen führten und führen Voces Suaves unter anderem zum Festival d’Ambronay, zum Ravenna Festival, Festival Oude Muziek Utrecht, Oslo Internasjonale Kirkemusikkfestival, Festival Misteria Paschalia Krakow, an die Staatsoper Berlin und zu den Innsbrucker Festwochen der Alten Musik. Von 2014 bis 2016 war das Ensemble Teil des europäischen Förderprogramms „eeemerging, Emerging European Ensembles Project“. Kooperationen bestehen mit renommierten Ensembles wie dem Ensemble Concerto Scirocco, der Akademie für Alte Musik Berlin, dem Concerto Romano, Capriccio Stravaganza und dem Capricornus Consort Basel. Eine langjährige Zusammenarbeit verbindet Voces Suaves zudem mit den Organisten Michelle Vannelli, Jörg-Andreas Bötticher und Johannes Strobl. Seit 2015 sind verschiedene Einspielungen von Voces Suaves bei den Labels claves records, Ambronay éditions, Arcana (Outhere Music) und Deutsche Harmonia Mundi erschienen und mit diversen internationalen Preisen ausgezeichnet worden (unter anderem Diapason découverte, Choc de Classica).

Besetzung

Sara Jäggi Sopran
Christina Boner Sopran
Mirjam Wernli Sopran
Tobias Knaus Alt
Jan Thomer Alt
Lisa Weiss Alt
Michael Feyfar Tenor
Nino Aurelio Gmünder Tenor
Andrés Montilla Acurero Tenor
Joachim Höchbauer Bass
Israel Martins dos Reis Bass
Tobias Wicky Bass

Georg Kallweit

Der Geiger Georg Kallweit studierte an der Hochschule für Musik Hanns Eisler Berlin und erhielt im Anschluss im Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin ein Engagement. Daneben beschäftigte er sich schon früh mit der Barockvioline und der historischen Aufführungspraxis. Heute tritt er regelmäßig als Mitglied, Konzertmeister und Solist der Akademie für Alte Musik Berlin in Erscheinung und ist zugleich Gast europäischer Barockorchester und renommierter „moderner“ Klangkörper. Zusammen mit dem Lautenisten Björn Colell bildet er das Ensemble „Ombra e Luce“, das sich mit dem frühen italienischen Repertoire beschäftigt. Im Berliner Radialsystem war Georg Kallweit an der Entwicklung und Produktion von szenischen Konzertprojekten beteiligt. Dazu gründete er gemeinsam mit dem Dramaturgen Folkert Uhde das Ensemble Urban Strings. Von 2015 bis 2021 war er künstlerischer Leiter des Helsinki Early Music Festival. Als Dozent, Lehrbeauftragter und Leiter von Meisterklassen unterrichtete er an den Musikhochschulen in Leipzig, Weimar, Berlin, Rostock, Helsinki und St. Petersburg.

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