13.00 Uhr
Führung durch das Konzerthaus Berlin
Akademie für Alte Musik berlin
Xenia Löffler Oboe
Erwin Wieringa Horn
Mayumi Hirasaki Violine
Georg Kallweit Violine und Viola
Clemens-Maria Nuszbaumer Viola
Katharina Litschig Violoncello
Das Programm
Jiří Družecký (1745-1819)
Quartett für Oboe, Violine, Viola und Violoncello g-Moll
Adagio. Allegro
Andante „Auf den Namen Bach mit Noten ausgetrügt”
Allegro
Paul Wranitzky (1756-1808)
Streichquartett G-Dur op. 2 Nr. 2
Adagio. Allegro non molto
Poco adagio con sordini
Allegro assai
Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791)
Quintett für Horn, Violine, zwei Violen und Violoncello Es-Dur KV 407
Allegro
Andante
Rondo. Allegro
PAUSE
Wolfgang Amadeus Mozart
Quartett für Oboe, Violine, Viola und Violoncello F-Dur KV 370
Allegro
Adagio
Rondeau. Allegro
Wolfgang Amadeus Mozart
Adagio und Fuge für Streicher c-Moll KV 546
Carl Stamitz (1745-1801)
Quintett für Oboe, Horn, zwei Violen und Violoncello Es-Dur op. 11 Nr. 1
Allegro
Andante
Presto
Knapp 30 Sinfonien, 18 Streichquartette, 11 Messen, zwei Opern, an die 150 Partiten, Bühnenmusiken, Tänze, Solokonzerte – der 1745 westlich von Prag geborene Jiří Družecký hat wahrlich ein reiches Œuvre geschaffen. Nach dem Beginn seiner Laufbahn als Militärmusiker war er ab 1777 als „bestallter Landschaftspauker“ in Linz angestellt, bevor er nach Stationen in Wien und Pressburg (heute Bratislava) von 1790 an im heutigen Budapest für Erzherzog Joseph von Habsburg tätig war. Als Paukenvirtuose und Oboist komponierte Družecký mit Vorliebe für „seine“ Instrumente. Das Quartett für Oboe, Violine, Viola und Violoncello g-Moll entstand um 1806 als letzter von insgesamt 13 Gattungsbeiträgen. Während die kontrastreichen Ecksätze ganz der Spätklassik verpflichtet sind, erinnert das Andante mit den immer aufs Neue erklingenden Tönen b-a-c-h an barocke Traditionen.
Der Komponist, Dirigent und Geiger Paul Wranitzky, im selben Jahr wie Mozart (allerdings nicht in Salzburg, sondern in Mähren) geboren, spielte von 1785 an eine bedeutende Rolle im Wiener Musikleben. Sowohl Beethoven als auch Haydn schätzen ihn als Dirigenten ihrer Werke; er gehörte der Freimaurerloge „Zur gekrönten Hoffnung“ an, für die er auch einige Kompositionen schrieb, er setzte sich in der Donaumetropole für die Händelpflege ein und wirkte sowohl bei den Krönungsfeierlichkeiten von Leopold II. 1790 als auch von dessen Nachfolger Franz II. 1792 mit. Auch Wranitzky hat ein äußerst umfangreiches Œuvre hinterlassen. Das am heutigen Abend erklingende ebenso spannungsreiche wie klangschöne Streichquartett G-Dur op. 2 Nr. 2 erschien, gemeinsam mit zwei weiteren Gattungsbeiträgen, 1788 in Paris.
Dass Mozart den Virtuosen Joseph Ignaz Leutgeb im Mai 1783 nach der Vollendung des Hornkonzerts Es-Dur KV 417 als „Esel, Ochs und Narr“ in der Partitur verewigte, ist keineswegs wörtlich zu nehmen, sondern Ausdruck einer ganz persönlichen Freundschaft. Wie viele seiner Zeitgenossen schätzte Mozart das phänomenale Spiel von Leutgeb (1732-1811), der nach Jahren in der Kapelle des Salzburger Fürsterzbischofs 1773 nach Wien übergesiedelt war, außerordentlich. Er widmete ihm neben KV 417 auch ein weiteres Hornkonzert (KV 495) und das vermutlich in der zweiten Jahreshälfte 1782 entstandene Hornquintett Es-Dur KV 407 – eine „kleine musikalische Synthese aus der satztechnischen Ambition des Streichquartetts, dem adretten Flair des konzertierenden hausmusikalischen Quintetts mit einem Bläser und dem nur Professionellen zugänglichen Anspruch des präsentationswürdigen Instrumentalspiels“, wie die Musikwissenschaftlerin Nicole Schwindt das Werk treffend beschrieben hat.
Auch sein Quartett für Oboe, Violine, Viola und Violoncello F-Dur KV 370, sein einziges Kammermusikwerk mit solistischer Oboe, hat Mozart einem befreundeten Musiker gewidmet: Friedrich Ramm. Kennengelernt hatte er diesen Virtuosen, als er 1777, auf dem Weg nach Paris, in Mannheim Station machte. Drei Jahre später traf er ihn erneut, diesmal in München, wohin Kurfürst Karl Theodor inzwischen samt seiner legendären Hofkapelle, zu der Ramm gehörte, übergesiedelt war. Anfang 1781 schrieb Mozart Ramm das Quartett KV 370 „auf den Leib“. Die Höhe und die großen Intervallsprünge des Bläserparts in diesem Werk werfen ein Schlaglicht auf das Virtuosentum Ramms, dem zeitgenössische Quellen nicht nur einen runden schönen Ton, sondern auch leichtes und gewandtes Spiel sowie große Ausdruckskraft bescheinigt haben.
Im selben Jahr 1782, in dem er das Hornquintett KV 407 komponierte, schrieb Mozart an den Vater nach Salzburg: „Ich mach’ mir eben eine Kollektion von den Bachischen Fugen.“ Angeregt von den Sonntagsmusiken im Hause eines ehemaligen Diplomaten in kaiserlichen Diensten, seines Gönners Baron Gottfried van Swieten, setzte sich Mozart in dieser Zeit mit dem „stile antico“ auseinander. Wenig später, 1783, entstand – zunächst in einer Fassung für zwei Klaviere – die c-Moll-Fuge. 1788 nahm Mozart dieses Werk erneut zur Hand, setzte es für Streicher und fügte ein Adagio hinzu. Zu dieser Zeit beschäftigte er sich intensiv mit der Neuinstrumentierung von Händels „Messias“, aber auch immer wieder mit Bachs „Musikalischem Opfer“ BWV 1079. Diese Kompositionen haben in seinem Werk KV 546 hörbare Spuren hinterlassen.
Genauso wie der Oboist Friedrich Ramm entstammt auch Carl Stamitz der Mannheimer Schule – sogar im wahren Wortsinne. Gilt doch sein Vater Johann Wenzel Anton Stamitz als Gründer eines hier von Komponisten der kurfürstlichen Hofkapelle entwickelten Instrumentalstils, der u.a. von kontrastierender Themengestaltung und spezifischen dynamischen Effekten geprägt ist. Carl Stamitz gehörte ebenfalls der Hofkapelle an, bevor er 1770 mit Violine, Viola und Viola d’amore ein unstetes Virtuosenleben zu führen begann. Zu seinem Schaffenskatalog mit Instrumentalwerken fast aller Gattungen gehört auch das Quintett für Oboe, Horn, zwei Violen und Violoncello Es-Dur op. 11 Nr. 1, das 1775 zusammen mit zwei weiteren Quintetten veröffentlicht wurde und den heutigen Abend beschließt.
1982 in Berlin gegründet, gehört die Akademie für Alte Musik Berlin (kurz „Akamus“) heute zur Weltspitze der historisch informiert spielenden Kammerorchester.
Seit mehr als vier Jahrzehnten beweist das Orchester immer wieder seine Wandlungsfähigkeit mit aufregenden Konzertprojekten und musikalischen Entdeckungsreisen. So leistete „Akamus“ Wesentliches für die Wiederentdeckung der Musik Carl Philipp Emanuel Bachs und Georg Philipp Telemanns. Konsequent und wohl überlegt hat das Ensemble sein Kernrepertoire in Barock und Klassik nach und nach bis ins 19. Jahrhundert ausgeweitet, so jüngst mit seinem vielbeachteten Zyklus „Beethovens Sinfonien und ihre Vorbilder“.
Im Kulturleben seiner Heimatstadt Berlin ist Akamus ein zentraler Pfeiler. Seit über 35 Jahren gestaltet das Orchester eine Abonnement-Reihe im Konzerthaus Berlin, seit 1994 widmet es sich an der Berliner Staatoper regelmäßig der Barockoper. Mit dem RIAS-Kammerchor besteht seit 1992 eine kontinuierliche und erfolgreiche Zusammenarbeit. Mit einer eigenen Konzertreihe ist die Akademie für Alte Musik seit 2012 zudem regelmäßig im Münchner Prinzregententheater zu Gast. Zugleich sind die Musikerinnen und Musiker ständiger und vielgefragter Gast auf den wichtigsten europäischen und internationalen Konzertpodien.
Das Ensemble musiziert unter der wechselnden Leitung seiner Konzertmeister Bernhard Forck und Georg Kallweit sowie ausgewählter Dirigenten. Mit René Jacobs verbindet es eine über 30-jährige künstlerische Partnerschaft. Darüber hinaus leiteten in jüngster Zeit Emmanuelle Haim, Bernard Labadie, Paul Agnew, Diego Fasolis, Fabio Biondi, Rinaldo Alessandrini und Christophe Rousset das Orchester. Regelmäßig arbeitet Akamus zudem mit Solisten wie Isabelle Faust, Antoine Tamestit, Kit Armstrong, Alexander Melnikov, Anna Prohaska, Michael Volle oder Bejun Mehta zusammen. Gemeinsam mit der Tanzcompagnie Sasha Waltz & Guests entstand die Erfolgsproduktion von Henry Purcells „Dido & Aeneas“, die weltweit eine Vielzahl an Aufführungen von Berlin bis Sydney erlebte.
Aufnahmen des Ensembles wurden mit allen bedeutenden Schallplattenpreisen ausgezeichnet, darunter der Grammy Award, Diapason d'Or, Gramophone Award, sowie der Jahrespreis der deutschen Schallplattenkritik. Zuletzt erschienen auf CD vier Sinfonien und das Oboen- und Klarinettenkonzert von Wolfgang Amadeus Mozart mit Xenia Löffler und Ernst Schlader, sowie jüngst zusammen mit Voces Suaves die CD „Bachs Wurzeln“ mit Kompositionen deutscher Komponisten vor Johann Sebastian Bach.
Xenia Löffler hat sich der Erkundung des faszinierend vielseitigen Oboen-Repertoires von seinen Anfängen bis ins 19. Jahrhundert hinein verschrieben. Ihr stilsicheres Empfinden für die Musik, ihre vitale Spielweise wie auch ihr unverwechselbarer Klang machen Xenia Löffler zu einer der international führenden Interpret*innen mit der historischen Oboe.
Im direkten Anschluss an ihr Studium an der Schola Cantorum Basiliensis wurde sie von der Akademie für Alte Musik Berlin als Solo-Oboistin berufen und gehört seitdem fest zu diesem Ensemble, mit dem sie regelmäßig auch als Solistin in den renommiertesten Konzertsälen auf der ganzen Welt auftritt.
Feste Partner bei ihren Aufnahmen sind neben der AKAMUS seit Beginn auch die Batzdorfer Hofkapelle und zahlreiche andere Ensembles, denen Xenia Löffler verbunden ist. Besonders prägend waren die vielen Jahre des gemeinsamen Musizierens mit dem von ihr mitgegründeten Amphion Bläseroktett und ihre Mitwirkung bei Sir John Eliot Gardiners Bach Cantata Pilgrimage.
Xenia Löffler wird regelmäßig von internationalen Musikhochschulen eingeladen und gibt Meisterkurse. Seit 2018 ist sie künstlerische Leiterin der Sommerakademie Neuburg an der Donau. An der Universität der Künste in Berlin hat sie eine Professur für historische Oboen inne.
Erwin Wieringa gewann als musikalisches Jungtalent diverse Wettbewerbe, darunter den 1. Preis bei der niederländischen Musik-Stiftung „Jong Talent Nederland” und dem Fernseh-Wettbewerb „Jong mensen op het Concertpodium“. Daraufhin studierte er Horn bei Oldrich Milek und Hans Dullaert am Royal Conservatory of Music in Den Haag.
Wieringa musiziert in verschiedenen Ensembles, die sich auf die Musik des 18. Jahrhunderts spezialisiert haben. Seit 2006 ist er Erster Hornist in der Akademie für Alte Musik Berlin, darüber hinaus spielt er im Freiburger Barockorchester, Concerto Köln, dem Orchestra of the 18th Century und der niederländischen Bach Society. Er ist zudem Mitglied in zwei internationalen Bläserensembles, dem Basler Amphion Bläseroktett und dem Sextett Nachtmusique.
Erwin Wieringa wohnt in Großbritannien und besitzt eine umfangreiche Horn-Sammlung mit verschiedensten Instrumenten aus dem 18. und 19. Jahrhundert.